Innovation in der Pflegebranche – Die Generalistische Pflegeausbildung

Bild von Gerald Oswald auf Pixabay

Die Pflegeberufe wurden in den letzten Jahrzehnten mehrmals reformiert, wie es auch in der Pflege selbst verschiedene Reformen gab. Mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz wurden psychischen Erkrankten, Dementen und kognitiv Leistungsschwächeren mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Zuletzt sorgte die Umstrukturierung der Ausbildung und die Etablierung der Generalistischen Pflegeausbildung für Furore im Pflegebereich.

Wie innovativ ist eine Generalisierung?

Vom Wortsinn her, bedeutet generalistisch, dass etwas verallgemeinert wurde. Bislang gab es in der Umgangssprache hierfür aber nur das Wort generalisiert. Die Erfindung des neuen Wortes ist nicht die Innovation, die die Pflege braucht. Trotzdem birgt die neue Ausbildungsform in der Pflege, sehr viele Chancen.

Bahnbrechende Veränderungen wurden durch die generalistische Pflegeausbildung nicht an den Start gebracht. Die Verallgemeinerung der Ausbildung fasst die Pflegeberufe jetzt alle zusammen, so dass es die getrennten Ausbildungszweige in Kinderkranken-, Kranken- und Altenpflege nicht mehr gibt. Trotzdem spezialisieren sich die Auszubildenden im letzten Ausbildungsjahr in einem der drei Bereiche.

Die Chancen in der Reform werden vor allem darin gesehen, dass der Einsatz examinierter Pflegekräfte flexibler gestaltet werden kann. Bislang galt, dass Krankenpfleger eher in der Altenpflege Fuß fassen konnten, als Altenpfleger in der Krankenpflege. Die neue Ausbildung soll hier eine Chancengleichheit herstellen.

Das Image der Altenpflege

Der Zugang zur Ausbildung war bereits mit einem Hauptschulabschluss möglich. Allerdings fanden sich Absolventen der Hauptschule nur selten in der Krankenpflegeausbildung, sondern wurden überwiegend in der Altenpflege ausgebildet. Entsprechend hatte die Altenpflegeausbildung das Image, nicht sonderlich anspruchsvoll zu sein, was aber gar nicht stimmt. Doch dies Image war auch der Grund dafür, dass es Altenpfleger trotz Examen so schwer hatten, in die Krankenpflege zu wechseln.

Nun wurden die Zugangsvoraussetzungen für die generalistische Pflegeausbildung angepasst und es wird mindestens ein Realschulabschluss gefordert. Alternativ können Hauptschulabsolventen auch eine Pflegehelferausbildung absolvieren, die dann mit der mittleren Reife gleichgesetzt wird. Zudem wird die Zeit, in der der Pflegehelfer erworben wurde, auf die Ausbildungszeit angerechnet. Neue Regeln für alte Gepflogenheiten also. Ob es den Aufwand gebraucht hätte, darf bezweifelt werden. Denn die Personalengpässe in der Pflege erlauben es nicht, auf die motivierten Hauptschüler zu verzichten.

Pflegeschulen haben es nach der Umstellung leichter

Vor allem die Altenpflegeschulen haben es nach der Umstellung auf die generalistische Ausbildung leichter. Berufsschulen und medizinische Akademien der größeren Kliniken haben das Modell der generalistischen Ausbildung im Grunde schon länger praktiziert, allerdings nur auf die Krankenpflegeberufe die bis dato Gesundheits- und Kranken-/Kinderkrankenpfleger hießen.

Altenpflegeschulen hingegen haben den fachlichen Schwerpunkt von Anfang an in der Altenpflege gesehen und müssen sich jetzt darauf einstellen, dass Auszubildende allgemeiner auf die Arbeit in der Pflege vorbereitet werden. Im Pflegealltag ist die Arbeit nämlich sehr unterschiedlich, wobei sich das nicht nur auf Pflege- und Altenpflege bezieht, sondern innerhalb der Krankenpflege auch auf die zahlreichen medizinischen Bereiche, in denen Pfleger arbeiten. Die innere Medizin hat andere Schwerpunkte wie die Chirurgie und in den unterschiedlichen Abteilungen der jeweiligen Richtungen, gibt es so viele Zweige, dass examinierte Pfleger, die sehr lange auf einer pneumologischen Station gearbeitet haben, sich unter Umständen auf einer nephrologischen Station wie unerfahrene Anfänger fühlen.

Echte Innovation – Forschung, Technik und das Pflegestudium

Wirkliche Innovationen in der Pflegebranche sind natürlich in der Forschung und der Technik zu finden. Roboter die das Essen austeilen oder mit Senioren spielen und singen oder auch Erkenntnisse, über Krankheiten, Prozesse im Körper oder die Entwicklung neuer Medikamente und Diagnoseverfahren bewirken langfristig gesehen deutlich mehr, als die Reform der Pflegeberufe. Zumal sich wissenschaftliche Erkenntnisse auf dem internationalen Parkett vergleichen lassen, die Ausbildungsstandards hingegen nicht. Ist in vielen Ländern die Ausbildung in der Pflege bereits ein Studium, bleibt sie in Deutschland nicht nur weiterhin ein Ausbildungsberuf, sondern wurde durch die Verallgemeinerung aus Sicht von Fachleuten, noch weiter abgewertet. Natürlich ist die Ausbildung in Deutschland gut, was aber letztendlich vor allem den zahlreichen Spezialisierungsfortbildungen zuzuschreiben ist und nicht der Grundausbildung.

Auch in Deutschland kann man Pflege studieren. Es gibt zahlreiche Studiengänge, die aufbauend auf eine Pflegeausbildung oder auch direkt nach dem Abitur oder mit der Fachhochschulreife studiert werden können. Praxiserfahrene Pfleger sehen Studienabsolventen, die direkt studieren eher kritisch, es sei denn, sie entscheiden sich für ein Duales Studium und haben dadurch einen hohen Praxisbezug. Finanziell wirkt sich ein höherer Abschluss durch ein Studium nur unwesentlich für die Pflegemitarbeiter aus.

Innovative Arbeitszeitmodelle

Als Nachteil für die Arbeit in der Pflege werden die Arbeitszeiten angeführt. Schichten, Wochenend- und Feiertagsarbeit ist mit Familie und Kindererziehung nur schwer vereinbar. Es gibt  hier zwar den Trend zu neuen Arbeitszeitmodellen, die auch durchaus als eine Innovation gewertet werden können, allerdings kollidieren hier die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und der Pflegeempfänger.

Arbeitsintensive Zeiten in der Pflege sind die Zeiten vor dem Frühstück und vor dem Zubettgehen. Beide Zeiten sind für Erziehende schwer leistbar, weil Kitaöffnungszeiten darüber bestimmen, wann eine Pflegekraft verfügbar ist. Doch selbst wenn Kitas bereits um 6:00 Uhr morgens öffnen würde, wäre die Option für die Kinder eine Zumutung und gestresste Eltern kämen zum Dienst und müssten direkt weiter rotieren.

Einrichtungen weichen inzwischen auf Honorarpflegekräfte oder Zeitarbeiter aus. Große Häuser haben eigene Springerpools, die arbeitsintensive Zeiten abdecken. Doch das reicht bei weitem nicht aus.

Zwischenschichten finden viele Mitarbeitende besser als Teildienste und es gibt Pflegeeinrichtungen, die haben späte Spätdienste, die bis Mitternacht gehen. Damit begleiten die Mitarbeiter den Spätdienst in der arbeitsintensiven Zeit und den Nachtdienst bis zu der Zeit, wenn Bewohner oder Patienten zur Ruhe kommen. Vor diesem Zeitmodell schrecken aber viele Einrichtungen zurück, weil das Arbeitsrecht Ruhezeiten zwischen den Diensten vorsieht, die mit noch mehr Schichten noch schwerer im Auge behalten werden können.

Fazit: Eine Innovation ist die generalistische Pflegeausbildung  nicht. Arbeitsbedingungen und Verantwortung sind Grund dafür, dass Fachkräfte schon nach wenigen Jahren Verweildauer im Beruf in andere Bereiche abwandern oder sich innerhalb des medizinischen Bereiches ein Aufgabenfeld suchen, das besser mit dem Privatleben zu vereinbaren ist oder weniger Verantwortung mit sich bringt. Im internationalen Vergleich ist die deutsche Pflegeausbildung nicht so anerkannt, wie publiziert wird. Trotzdem sind unsere Pflegekräfte gut qualifiziert. Letztendlich wird die generalistische Ausbildung den Arbeitsmarkt bewegen und vor allem denen helfen, die aktuell ausgebildet werden, bei Überlastung und Frust in andere Pflegebereiche zu wechseln.

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