Ausbildungsmarktbilanz 2010: Hunderttausende Jugendliche ohne Lehrstelle nicht erfasst

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit steigt die Zahl der Ausbildungsplätze, während die Zahl der Bewerber sinkt: Auf den ersten Blick liest sich die heute veröffentlichte Ausbildungsmarktbilanz 2010 positiv.

Die Bertelsmann Stiftung bemängelt jedoch, dass mehrere hunderttausend Jugendliche ohne Ausbildungsplatz außen vor bleiben: In der Statistik tauchen Ausbildungsplatzsuchende nicht auf, die eine Maßnahme im so genannten Übergangssystem absolvieren – obwohl sie auf diese Weise keinen Berufsabschluss erlangen können.

Auch durch die demographische Entwicklung wird dieses Problem nicht gelöst: Prognosen des Nationalen Bildungsberichts zufolge stecken im Jahr 2025 immer noch eine Viertelmillion junge Menschen im Übergangssystem fest, wenn das Ausbildungssystem nicht reformiert wird.

Dies hat nach einer neuen Studie des Instituts für Wirtschaftspädagogik (IWP) an der Universität St. Gallen im Auftrag der Bertelsmann Stiftung vor allem zwei Ursachen: Jugendliche mit Förder-bedarf werden weiter nur schwer eine Lehrstelle finden, denn die Unternehmen können ihren Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften auch anderweitig decken – etwa indem sie vermehrt Hochschulabsolventen einstellen oder qualifizierte ausländische Mitarbeiter anwerben.

Zudem fehlt in bestimmten Regionen auch künftig ein ausreichendes Angebot an Lehrstellen oder die Bewerber haben nicht die geforderten Qualifikationen. Die Folge: Viele Jugendliche stehen ohne Ausbildungsplatz da und landen deshalb im Übergangssystem. Den Staat kostet das Übergangssystem derzeit jährlich 4,3 Milliarden Euro, im Jahr 2025 sind es trotz der demographischen Entwicklung noch 3,3 Milliarden Euro.

„Wir können es uns nicht leisten, so viele junge Menschen in Übergangsmaßnahmen zu demotivieren und teilweise ganz ohne Berufsausbildung ins Erwerbsleben zu schicken“, sagt Dr. Jörg Dräger, Mitglied des Vorstandes der Bertelsmann Stiftung. Er fordert: „Allen ausbildungsfähigen jun¬gen Menschen muss nach Verlassen der Schule eine Ausbildungsmöglichkeit garantiert werden. Dafür sind flexible schulische und außerbetriebliche Ausbildungsmöglichkeiten nötig, die zu einem Berufsabschluss führen und das Duale Ausbildungssystem in Deutschland ergänzen. Die demographische Entwicklung allein wird das System nicht reformieren.“

Nötig sei zudem, junge Männer stärker für Dienstleistungsberufe im Sozial- und Gesundheitswesen zu interessieren, so Dräger. Denn zum einen haben Schulabgänger deutliche größere Probleme beim Übergang in den Beruf als Schulabgängerinnen. Zum anderen entwickelt sich der Aus¬bildungsmarkt weg von den klassischen und traditionell eher „männlichen“ Produktionsberufen und hin zu den Dienstleistungsberufen. Dadurch werden die Berufschancen in dem derzeit von Frauen bevorzugten Dienstleistungssektor in Zukunft zunehmen.

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Ute Friedrich idw

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