OECD sieht Armut auf dem Vormarsch

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat heute, Dienstag, die Studie „Growing Unequal?“ vorgestellt. Sie gelangt zur Erkenntnis, dass das ökonomische Wachstum von Mitte der 1980er-Jahre bis Mitte dieses Jahrzehnts den Reichen mehr genutzt hat als den Armen.

Die Einkommensschere geht in einigen Ländern immer weiter auf, in Deutschland insbesondere seit dem Jahr 2000. Die Armut ist auf dem Vormarsch, wobei gerade junge Menschen und Kinder überdurchschnittlich stark betroffen sind. „Wachsende Ungleichheit spaltet. Sie polarisiert Gesellschaften, spaltet Regionen innerhalb von Ländern und teilt die Welt zwischen Reich und Arm“, warnt OECD-Generalsekretär Angel Gurría.

Ein wesentlicher Faktor für die zunehmende Ungleichheit in den 30 OECD-Staaten ist der OECD zufolge eine veränderte Situation am Arbeitsmarkt. „Wenig qualifizierte Arbeitskräfte haben immer größere Probleme, Jobs zu finden“, so Gurría. Gerade Deutschland ist hier besonders betroffen. 19 Prozent der Haushalte stehen laut OECD ohne Erwerbseinkommen da, was den höchsten Wert innerhalb der OECD darstellt. „Eine höhere Beschäftigung ist der beste Weg, die Armut zu reduzieren“, meint der OECD-Generalsekretär. Bessere Bildung ist der OECD zufolge ebenfalls ein wichtiges Mittel, um Wachstum zu erzielen, das allen zugute kommt. Auch arbeitsbegleitende Zusatzleistungen könnten Familien helfen.

Insgesamt gelten nach OECD-Definition (Personen mit weniger als 50 Prozent des nationalen mittleren Einkommens) mittlerweile elf Prozent der Deutschen als arm, gegenüber sechs Prozent noch Mitte der 1980er. Damit liegt die Bundesrepublik inzwischen über dem OECD-Mittel (10,6 Prozent, plus 1,3 Prozent im Vergleichszeitraum). Die meisten Armen unter den OECD-Ländern haben Mexiko (17 Prozent) sowie die Türkei und die USA (je rund 15 Prozent). Am besten stehen Dänemark und Schweden mit knapp über fünf Prozent da, gefolgt von der Tschechischen Republik und Österreich. Rund 8,9 mal höher ist das Einkommen der reichsten zehn Prozent der Bevölkerung im Vergleich zu den ärmsten zehn Prozent im OECD-Mittel. Doch nicht nur die Schere zwischen Arm und Reich geht auseinander. In einigen Ländern tut sich auch eine verstärkte Kluft zwischen den Reichen und dem Mittelstand auf, so die OECD-Studie. Betroffen sind davon neben Deutschland unter anderem auch Finnland, Italien, Kanada und Norwegen.

Verändert hat sich der Studie zufolge auch, wie stark verschiedene Altersschichten von Armut betroffen sind. OECD-weit ist die Armutsrate in den älteren Bevölkerungsschichten (ab 65 Jahren) seit Mitte der 1980er zurückgegangen, während junge Erwachsene (bis 25 Jahre) und Familien mit Kindern stärker betroffen sind. Im Jahr 2005 lebte im Mittel jedes achte Kind in OECD-Ländern in Armut. In Deutschland lag die Armutsrate bei Kindern mit 16 Prozent sogar noch höher. Die Armutsrate bei älteren Menschen blieb in Deutschland im Gegensatz zum OECD-Mittel zwar stabil, liegt aber für die Gruppe der 66- bis 74-Jährigen mit etwa sieben Prozent mittlerweile deutlich unter dem Bundesschnitt.

Media Contact

Thomas Pichler pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.oecd.org

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