Altersblindheit: Rolle der Gene anders als erwartet

Den Krankheitsverlauf als solchen scheinen diese Erbanlagen dagegen nicht zu beeinflussen. Das zeigt eine neue Studie unter Federführung der Universität Bonn, die nun in der Zeitschrift PLoS ONE erschienen ist (doi: 10.1371/journal.pone.0007418). Für Patienten ist das eine schlechte Nachricht, da sich die bekannten Erbfaktoren nur eingeschränkt als Ansatzpunkt für Medikamente eignen dürften.

An der Studie waren acht deutsche Zentren (Aachen, Bonn, Heidelberg, Leipzig, München, Münster, Regensburg und Würzburg) beteiligt. Dr. Hendrik Scholl von der Universitäts-Augenklinik Bonn hat das Projekt geleitet. Insgesamt nahmen 619 Patienten teil; die Kontrollgruppe umfasste 612 gesunde Personen. Die Augenärzte untersuchten über einen mittleren Zeitraum von drei Jahren, mit welcher Geschwindigkeit sich eine Spätform der Erkrankung („geographische Atrophie“) ausbreitete. „Dazu haben wir regelmäßig Aufnahmen der Netzhaut angefertigt und diese dann vermessen“, erklärt Professor Frank Holz, Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn.

Gleichzeitig untersuchte das Institut für Humangenetik der Universität Regensburg unter Leitung von Professor Dr. Bernhard Weber das Erbgut der Patienten. Hierbei bestätigte sich, dass das Erkrankungsrisiko eng mit den in den letzten Jahren identifizierten Erbfaktoren zusammen hängt. Dagegen hatten die untersuchten Genvarianten keinen Einfluss darauf, wie schnell sich die Schädigung im Auge ausbreitete.

Die Makuladegeneration ist auch deshalb so tückisch, weil sie sich meist erst sehr spät mit Sehstörungen manifestiert. „Unsere Studie zeigt, dass die bekannten Erbfaktoren im Spätstadium offensichtlich keine Rolle mehr spielen“, sagt Professor Weber. Damit schwindet die Hoffnung, dass eine Beeinflussung der bekannten Risikovarianten den Erkrankungsverlauf günstig beeinflussen könnte. „Wenn die Sehzellen bereits abzusterben beginnen, werden möglicherweise andere, bisher unbekannte Faktoren, wichtig. Diese Faktoren gilt es nun zu finden“, resümiert der Netzhautspezialist Dr. Scholl.

Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Erblindungsursache in den westlichen Industrienationen. In Deutschland sind schätzungsweise 4,5 Millionen Menschen betroffen. Bei der Erkrankung wird die Stelle des schärfsten Sehens auf der Netzhaut, die Makula, zunehmend geschädigt. Die Patienten können schließlich nicht mehr lesen oder Auto fahren und sind zur Bewältigung ihres Alltags zunehmend auf fremde Hilfe angewiesen. Die Ursachen der AMD sind noch weitgehend unbekannt. Ein Risikofaktor ist das Rauchen. Experten schätzen zudem, dass etwa 60 Prozent des Erkrankungsrisikos genetisch bedingt ist.

Kontakt:
Priv.-Doz. Dr. Hendrik Scholl
Universitäts-Augenklinik Bonn
Telefon: 0228/287-15505
E-Mail: hendrik.scholl@ukb.uni-bonn.de

Media Contact

Frank Luerweg idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Das Mikrobiom verändert sich dynamisch und begünstigt wichtige Funktionen für den Wirt

Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Kieler SFB 1182 untersucht am Beispiel von Fadenwürmern, welche Prozesse die Zusammensetzung des Mikrobioms in Wirtslebewesen steuern. Alle vielzelligen Lebewesen – von den einfachsten tierischen und…

Wasser im Boden – genaue Daten für Landwirtschaft und Klimaforschung

Die PTB präsentiert auf der Woche der Umwelt, wie sich die Bodenfeuchte mithilfe von Neutronenstrahlung messen lässt. Die Bodenfeuchte hat nicht nur Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sondern ist als Teil…

Bioreaktor- und Kryotechnologien für bessere Wirkstofftests mit humanen Zellkulturen

Medizinische Wirkstoffforschung… Viele Neuentwicklungen von medizinischen Wirkstoffen scheitern, weil trotz erfolgreicher Labortests mit Zellkulturen starke Nebenwirkungen bei Probanden auftreten. Dies kann passieren, wenn zum Beispiel die verwendeten Zellen aus tierischem…

Partner & Förderer