Das plastische Gehirn: Bessere Vernetzung von Gehirnarealen durch Training

Faserverbindungen, die mit dem Abruf von numerischen Fakten assoziiert sind. Medienbasierte Trainings erhöhten Stärke und Leitfähigkeit von Fasern, die mit dem Langzeitgedächtnis verbunden sind. Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM)
Egal, ob ein Mensch neues Wissen oder eine neue körperliche Bewegung erlernt – immer verändern sich dabei Synapsen, Nervenzellverbindungen und ganze Gehirnareale, also die Funktion und Struktur des Gehirns. Das menschliche Gehirn ist ein Leben lang „plastisch“, d.h. es ist in der Lage sich zu verändern.
Forscher und Forscherinnen um Dr. Dr. Elise Klein am Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) haben funktionelle und strukturelle Veränderungen im Gehirn als Folge von medienbasiertem numerischen Lernen untersucht. Dass ein Rechentraining Auswirkungen auf unsere Rechenfähigkeit hat, scheint fast aus dem Bauch heraus klar.
Das zeigte sich in der Studie auch auf neuronaler Ebene: Durch das Training veränderte sich das Netzwerk aus Gehirnarealen, das zur Lösung einer Aufgabe aktiviert wurde. In der Studie am IWM sind jetzt aber auch strukturelle Veränderungen im Gehirn durch das Rechentraining deutlich geworden – und somit anatomische Veränderungen im neuronalen Netzwerk.
Das Rechentraining konnte nicht nur erfolgreich die Leistung der Teilnehmenden verbessern, den Tübinger Forscherinnen und Forschern gelang es auch festzustellen, wie dieser Lernprozess auf neuronaler Ebene vonstattengeht.
In einer vorangegangenen Studie hatten sie schon beobachtet, dass das Training die funktionelle Aktivierung in Gehirnarealen erhöht, die mit dem Abruf von Fakten aus dem Langzeitgedächtnis assoziiert sind (z. B. Hippocampus). Jetzt konnten sie mit Hilfe der diffusionsgewichteten Magnetresonanztomographie (MRT) zeigen, dass sich durch das Training auch die strukturelle Anbindung dieser Areale über Faserverbindungen verstärkt hat und dies mit erfolgreichem Lernen einherging.
„Die neuronale Plastizität durch das medienbasierte Training war bereits nach nur fünf Trainingseinheiten nachweisbar“, so Elise Klein vom IWM. „Diese Veränderung auf neuronaler Ebene zeigt an sich, dass bereits kurze kognitive Trainings plastische Prozesse im Gehirn induzieren können. Die Selektivität der neurostrukturellen Veränderungen sagt etwas aus über die Verarbeitung von Rechenfakten im Gehirn.“
Damit geben die Ergebnisse nicht nur Aufschluss darüber, wie sich Lernprozesse im Gehirn manifestieren, sondern zeigen auch das Potenzial neurokognitiver Plastizität im Erwachsenenalter. Korbinian Moeller, Leiter der Nachwuchsgruppe Neuro-kognitive Plastizität, zu den Ergebnissen der Studie:
„Sie erlauben weitergehende Erkenntnisse über die neuronalen Grundlagen numerisches Lernens und zu den Möglichkeiten neuronaler Reorganisation im Gehirn. Sie könnten helfen bei der Entwicklung von Interventionen für Kinder mit Lernschwäche und für Patienten mit numerischen Defiziten nach einer Hirnschädigung.“
Die Ergebnisse der Studie wurden im renommierten Fachmagazin Cortex veröffentlicht.
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