High-Tech lässt gefälschte Stempel auffliegen


Mehrwertsteuerbetrug mit gefälschten Stempeln ist ein einträgliches Geschäft in der Wirtschaftskriminalität. Eine Prüfsoftware aus dem Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK dreht den Betrügern nun den Geldhahn zu.

So mancher möchte glauben, dass amtliche Stempel in unserem digitalen Zeitalter ein Auslaufmodell sind. Weit gefehlt: Jeder Ausweis, jedes Zoll- oder Begleitpapier, Verträge oder Lieferscheine erhalten einen amtlichen Vermerk. Und gerade im internationalen Warenverkehr, der dank des Internets weiter zunimmt, ist eine verstärkte Kontrolle zwingend notwendig: Allein der Mehrwertsteuerbetrug liegt laut Global Refund, dem weltweit größten Rückerstatter für Mehrwertsteuer, bei einem mehr als dreistelligen Millionenbetrag. Um Betrügern diese lukrative Einnahmequelle zu schließen, erarbeitete das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin gemeinsam mit dem Zollkriminalamt Köln für Global Refund eine Software, die zuverlässig erkennt, ob die Stempelabdrucke auf den Papieren gefälscht sind.

Mit besonderem Papier, spezieller Stempelfarbe, neuen Dienststempeln und periodisch wechselnden Kontrollzahlen wollen sich die Zollbehörden und Global Refund vor Betrug schützen. Einen amtlichen Zollstempel zu fälschen, ist nicht einfach, doch die technischen Möglichkeiten werden immer besser. Die neue Software mit Namen SIC Stampulus soll den Betrügern das Handwerk legen. Grundlage für die Stempelerkennung sind signifikante Merkmale des Abdrucks. »Dabei handelt es sich nicht um Bilder oder Bildausschnitte des Abdrucks, sondern um kodierte numerische Parameter«, mehr darf Katrin Franke vom IPK nicht verraten. Auf alle Fälle ist sichergestellt, dass verdrehte Stempelabdrücke oder solche mit geringerer Qualität analysiert werden können.

Die Prüfung des Stempelabdrucks erfolgt in mehreren Phasen. Dabei dauert der komplexe Prüfvorgang nicht länger aus fünf Sekunden und läuft auf einem handelsüblichen PC. Das Dokument – es kann ein »Global Refund Cheque« oder ein Zollpapier sein – wird eingescannt. Mit Hilfe von Verfahren der digitalen Bildverarbeitung wird der Abdruck vom Hintergrund getrennt und ausgeschnitten. Danach ermittelt das System verschiedene Grundeigenschaften, die für die spätere Prüfung notwendig sind, beispielsweise Mittelpunkt und Rotationslage des Stempelabdrucks. In einem nächsten Schritt zerlegt es den Abdruck in seine Hauptbestandteile, z.B. Adler, Datumszeile und Randinschrift. »Das Datum ändert sich ja laufend«, berichtet Katrin Franke weiter. »Deshalb analysieren wir nicht nur die Form, sondern auch die Inhalte«. In der nun folgenden Phase werden die Bestandteile des Stempels detailliert untersucht. Auf dieser Basis lässt sich ermitteln, ob Fälschungsmerkmale vorhanden sind. Anschließend wird die Qualität untersucht: Denn schlecht leserliche Abdrücke sind oft ein Anzeichen für Fälschungen. Die Teilergebnisse der einzelnen Kontrollschritte werden in der letzten Phase zu einem Ganzen zusammengefügt. Abschließend hat SIC Stampulus drei Meldungen parat: »Es konnten alle Prüfmerkmale erkannt werden, und es ergeben sich keine Abweichungen«, »Es sind Fälschungsmerkmale vorhanden« oder »Der Stempelabdruck ist wegen schlechter Bildqualität nicht prüfbar und muß daher gesondert untersucht werden«.

Die Software wird derzeit auf einem deutschen Flughafen getestet. Gobal Refund plant, sie noch in diesem Jahr an allen deutschen nationalen und internationalen Zahlstellen auf Flughäfen und Grenzen einzuführen. Auch die Hauptzollämter und Zollämter werden das Verfahren übernehmen. Im weiteren Verlauf sollen auch andere EU-Länder das Kontrollverfahren einsetzen. Stempelfälschern und Mehrwertsteuerbetrügern stehen magere Zeiten bevor.
Beate Koch

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 Beate Koch

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