Rock ’n’ Roll in der Röhre

Metallatom-gefüllte Fullerene „hüpfen“ in Kohlenstoffnanoröhren

Die technische Welt wird immer kleiner, irgendwann wird die Minituarisierung von Chips in Größenordnungen vorgedrungen sein, in denen man mit einzelnen Atomen arbeiten muss. Als Bausteine für so gennannte „Quantencomputer“ und die Nano-Elektronik von Morgen werden molekulare Arrangements als heiße Kandidaten gehandelt, die wie nanometergroße Erbsenschoten aussehen: Kohlenstoffnanoröhren, die mit kugelförmigen Fullerenmolekülen gefüllt sind. Die Fullerene selber beherbergen Metallatome in ihrem Hohlraum. Solche „Erbsen“ hüpfen in ihren „Schoten“, wie ein britisch-japanisches Forscherteam beobachtet hat.

Andrei N. Khlobystov und Andrew Briggs von der Oxford University, John Dennis von der University of London und ihre Kollegen setzten als „Erbsen“ Fullerene aus 82 Kohlenstoffatomen ein, runde käfigartige Moleküle, die mit je einem Ceratom gefüllt wurden. Im Kristall rotieren diese molekularen „Käfige“ völlig frei. Was passiert, wenn die Erbsen in Schoten, sprich Kohlenstoffnanoröhrchen, gefüllt werden? Mit einem hochauflösenden Elektronenmikroskop lassen sich die Fullerene in den Nanoröhren gut erkennen. Zunächst kann man konstatieren, dass sich die Erbsen seitlich bewegen. Sind die Schoten nur teilweise gefüllt, hüpfen die Erbsen abrupt, unregelmäßig und unabhängig von einander hin und her. In komplett gefüllten Schoten fällt die Bewegung der dicht an dicht hockenden Erbsen langsamer und kontinuierlicher aus – und die ganze Reihe bewegt sich kollektiv!

Da das Ceratom elektronenmikroskopisch im Fulleren auszumachen ist, kann außerdem die Rotationsbewegung der Erbsen nachvollzogen werden. Denn die Ceratome befinden sich nicht im Zentrum des Fullerenhohlraums, sondern „kleben“ fest an einer Stelle der „Hülle“. Auf Grund von Dipol-Dipol-Wechselwirkungen zwischen dem asymmetrisch gefüllten Fulleren und dem Nanoröhrchen gibt es eine bevorzugte Ausrichtung bezüglich der Röhrenachse. Auch seine zwei nächsten Nachbarn beeinflussen ein Fulleren. Mit der freien Rotation wie im Kristall, wo jedes Fulleren 12 nächste Nachbarn hat, ist es jedenfalls vorbei: Die Fullerene springen von einer Position in eine andere, verharren, werfen sich herum in die nächste – rasch, abrupt und unregelmäßig. Packt man die einzelnen Erbsenschoten zu Bündeln zusammen, wird diese diskontinuierliche Rotation schneller. Grund sind die zusätzlichen Wechselwirkungen der Fullerene mit Nachbarn aus anderen Röhren des Bündels. Innerhalb dieser komplexen Symmetrie ist die Rotation offenbar weniger eingeschränkt. Der Zustand im Bündel ist damit eine Art Zwischending zwischen dem dreidimensionalen Kristallgitter und dem quasi-eindimensionalen Zustand im isolierten Nanoröhrchen.

Kontakt: Dr. A. N. Khlobystov
Department of Materials
Oxford University
Parks Rd.
Oxford
OX1 3PH
UK
Fax: (+44) 1865-273789
E-mail: Andrei.Khlobystov@materials.ox.ac.uk

Angew. Chem. 2004, 116 (11), 1410 – 1413

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