Dystonie: Eine Krankheit mit vielen Gesichtern

Die Dystonie ist eine neurologische Bewegungsstörung, die sich in einer Muskelverkrampfung verschiedener Körperpartien äußert. An dieser bislang zwar nicht heilbaren, aber sehr gut behandelbaren Krankheit leiden in Deutschland rund 100.000 Menschen. Die Deutsche Dystonie Gesellschaft (DDG), die am 29. und 30. September in Würzburg tagt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich um die Interessen von Betroffenen zu kümmern und die Öffentlichkeit über das Krankheitsbild der Dystonie zu informieren.

Die Dystonie-Tagung, zu der rund 300 Betroffene und Ärzte erwartet werden, findet im Zentrum für Körperbehinderte im Würzburger Stadtteil Heuchelhof statt. Veranstalter sind die DDG und die Neurologische Klinik der Universität Würzburg. An dieser Klinik gibt es eine Spezialsprechstunde für Dystonie; betreut werden dort etwa 250 Patienten.

Ursache für die Dystonie ist eine Fehlschaltung im Gehirn: Überschießende, nicht zu kontrollierende Nervenimpulse lösen bei bestimmten Muskeln Zuckungen und Krämpfe aus. Dabei kommt es nicht selten zu einer abweichenden Körperhaltung oder zu ungewöhnlichen Bewegungen.

Bei der mit dem Namen „Schiefhals“ bezeichneten Dystonie kommt es beispielsweise zur Verdrehung des Kopfes oder zu Beuge- und Streckbewegungen des Kopfes nach vorne oder nach hinten. Bei anderen Patienten sind dagegen nur die Augen betroffen: Häufige, in vielen Fällen ständig andauernde Lidkrämpfe führen bei ihnen zu einem unwillkürlichen Schließen der Augen und somit bisweilen zu einer erheblichen Sehbehinderung.

Die Krankheit kann sich aber auch auf größere Teile des Körpers erstrecken, so dass es zu Verdrehungen im ganzen Rumpfbereich kommt. Ähnlich ist die generalisierte Dystonie, an der vorwiegend Kinder und Jugendliche leiden: Es treten Muskelverkrampfungen in vielen Körperbereichen gleichzeitig auf; die Betroffenen bleiben meistens lebenslang schwer behindert.

Die Dystonie ist eine organische, neurologische Erkrankung. Meistens hat sie offenbar genetische Ursachen. Für diese primären Dystonien ist die genaue Entstehung noch nicht entschlüsselt. Im Gegensatz dazu sind bei sekundären Dystonien direkte Auslöser nachzuweisen. Das können zum Beispiel ein Schlaganfall oder ein Schädel-Hirn-Trauma – ausgelöst durch einen Unfall – sein. Auch Medikamente können Dystonien verursachen, vor allem Neuroleptika (Psychopharmaka), die als Beruhigungsmittel eingesetzt werden.

Dystonien sind bislang nicht heilbar. In den meisten Fällen können Medikamente eingesetzt werden, um die Auswirkungen zu mildern. Die erfolgreichste Therapie ist weltweit die Behandlung mit Botulinum-Toxin: Dieses aus einem Bakteriengift entwickelte Medikament wird in überaktive Muskeln injiziert und verringert oder unterbindet die Krämpfe für Wochen oder Monate. Etwa 90 Prozent der so behandelten Patienten profitieren davon.

Die Tagung in Würzburg endet am Sonntag, 30. September, mit einer öffentlichen Talkrunde. Diese beginnt um 11.00 Uhr und befasst sich mit der Frage: „Körper oder Seele – Wie sollen Dystonien bewertet werden?“

Weitere Informationen: PD Dr. Markus Naumann, Neurologische Klinik der Universität Würzburg, T (0931) 201-2621, Fax (0931) 2012697, E-Mail: 
naumann@mail.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

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