Verleihung des DPZ-Förderpreises 2009

Christian Puller (geb. 1979) studierte Biologie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, schloss dort 2005 sein Studium mit dem Diplom ab und promovierte mit „magna cum Laude“ 2009 an der Goethe Universität Frankfurt/Main. Seine experimentellen Studien führte er am Max-Planck-Institut für Hirnforschung unter der Betreuung von PD Dr. Silke Haverkamp und Prof. Dr. Heinz Wässle durch.

Die Forschungen von Christian Puller widmen sich den Grundlagen der Farbwahrnehmung. Unter den Säugetieren haben nur die Primaten (Altweltaffen und Menschen) ein trichromatisches Farbensehen, d.h. ihre Farbwahrnehmung beruht auf drei spektral unterschiedlichen Zapfen (Rot-, Grün- und Blau-Zapfen). Alle anderen Säuger sind Dichromaten und besitzen nur zwei Arten von Zapfen in der Netzhaut, nämlich Blau-Zapfen und Grün-Zapfen. Das trichromatische System der Primaten entstand vor ca. 35 Millionen Jahren durch eine Mutation des Zapfenpigments der Grün-Zapfen, von denen sich die Rot-Zapfen abspalteten.

Es ist eine bisher ungeklärte Frage, wie die Schaltkreise und Synapsen der Säugernetzhaut (Retina) die Lichtantworten dieses neuen Rot-Zapfens aufgenommen, verarbeitet und ans Gehirn weitergeleitet haben.

Mittels immunzytochemischer Färbetechniken und der Licht- sowie der Elektronenmikroskopie untersuchte Christian Puller, ob an der ersten Synapse der Retina, dem Zapfen-Endfüßchen, Unterschiede zwischen Primaten und anderen Säugern bestehen, die auf eine farbspezifische Verschaltung hinweisen. Das Zapfen-Endfüßchen ist mit ca. 15 postsynaptischen Partnern in Kontakt und bildet mit ihnen insgesamt mehr als 500 einzelne Kontaktstellen aus. Dadurch stellt das Zapfen-Endfüßchen die wohl komplexeste Synapse im gesamten Nervensystem dar. An den Kontaktstellen werden unterschiedliche Glutamatrezeptoren ausgebildet, die auf ganz spezifische Weise auf den Zapfentransmitter Glutamat ansprechen. Zusätzlich sind die einzelnen Elemente am Zapfen-Endfüßchen über elektrische Synapsen (gap junctions) miteinander verbunden.

Christian Puller untersuchte im Rahmen dieser Studie erstmals die Anatomie bestimmter gap junctions in der Primatenretina. Außerdem gelang es ihm, die Verschaltungswege am Zapfen-Endfüßchen der Primaten, des Kaninchens und der Maus weitgehend zu entschlüsseln. Als Ergebnis der Arbeiten steht nun fest, dass sich das Zapfen-Endfüßchen der Blau-Zapfen bei allen Säugern vom Zapfen-Endfüßchen der Grün-Zapfen unterscheidet. Zusätzlich gibt es, allerdings nur bei den Primaten, eine spezielle Art von Bipolarzelle, die „Zwergbipolarzelle“, die jeweils mit nur einem Zapfen in Kontakt steht. Dieser Zelltyp übernimmt das Farbsignal des jeweiligen Rot- bzw. Grün- Zapfens und leitet es über „Zwergganglienzellen“ ans Gehirn weiter.

Dort werden dann die Signale der Rot-, Grün- und Blau-Zapfen zur Farbwahrnehmung verrechnet. Auf den Zwergbipolarzellen wurde im Verlauf der Untersuchungen ein bestimmter Glutamatrezeptor nachgewiesen, wodurch ein Einblick in die zeitliche Signalverarbeitung dieser Zellen gewonnen werden konnte.

Derartige Erkenntnisse über den Aufbau retinaler Schaltkreise und die Funktionsweise synaptischer Signalübertragung bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Entwicklung von Neuroprothesen oder gentherapeutischer Maßnahmen zur Behandlung degenerativer Erkrankungen des Sehsystems.

Der Förderkreis des Deutschen Primatenzentrums e.V. (DPZ) verleiht jährlich einen Förderpreis für besondere wissenschaftliche Leistungen im Rahmen einer Promotion. Der Förderpreis besteht aus einem Geldpreis und ist verbunden mit einem sechsmonatigen Stipendium an einer Forschungseinrichtung nach Wahl des Preisträgers. Der Preis ist damit einer der höchst dotierten Promotionspreise in Deutschland.

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