Stefan Hell als Wegbereiter der Methode des Jahres geehrt

Stefan W. Hell, Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (Göttingen), ist vom britisch-amerikanischen Fachmagazin Nature Methods für seinen Durchbruch in der Fluoreszenzmikroskopie geehrt worden.

Die von Hell begründete Revolution in der Auflösung der Fluoreszenzmikroskopie führte zu Detailschärfen in der mikroskopischen Abbildung, die weit unterhalb der halben Lichtwellenlänge von 200 Nanometern liegen, so das Fachblatt. Vorher schienen Auflösungen dieser Größenordnung physikalisch unmöglich. Mit der daraus entwickelten Fluoreszenz-Nanoskopie erhält man neue Einblicke in den Nanokosmos der Zelle.

Am Ende eines jeden Jahres zieht die Redaktion des angesehenen Fachmagazins Nature Methods, eine Tochter des Fachblatts Nature, Bilanz und kürt die „Methode des Jahres“. Für 2008 ist dies die ultrahochauflösende Fluoreszenzmikroskopie oder Nanoskopie. Es waren vor allem Physiker, die an interdisziplinär ausgerichteten Forschungseinrichtungen in jüngster Zeit ausgeklügelte Wege gefunden hatten, die Lichtmikroskopie weit über akzeptierte Grenzen hinaus grundlegend zu verbessern. Als erster habe der Max-Planck-Wissenschaftler Stefan Hell im Experiment und in der Theorie gezeigt, dass eine Auflösung im Nanometerbereich mithilfe der Lichtmikroskopie erreicht werden könne. Damit sei es möglich geworden, in Zellen Details zellulärer und sogar makromolekularer Strukturen zu sehen, die bisher verborgen blieben, so das Magazin.

Mit seiner Erfindung der STED (Stimulated Emission Depletion)-Mikroskopie ist es Stefan Hell erstmals gelungen, die 1873 entdeckte Auflösungsgrenze von 200 Nanometern in der Lichtmikroskopie radikal zu unterlaufen. Mit dem STED-Mikroskop ist es möglich, in einer Zelle auch feinere Details scharf zu sehen. Mit einer in der Praxis bis zu 10-fach verbesserten Auflösung gegenüber herkömmlichen Mikroskopen lassen sich winzige, fluoreszenzmarkierte Proteinkomplexe mit einer Größe von nur 20 bis 50 Nanometern getrennt voneinander beobachten – Strukturen, die etwa 1000-mal kleiner sind als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Aber nicht nur Momentaufnahmen aus der lebenden Zelle sind mit dem neuen STED-Mikroskop möglich. Hell und seine Mitarbeiter haben in jüngster Zeit weitere spektakuläre Verbesserungen erzielt, die es erlauben, den dynamischen Prozessen in einzelnen Zellen auf der Spur zu bleiben. Mit einer Rate von 28 Bildern pro Sekunde und einer räumlichen Auflösung von 65 Nanometern zeigt ein erstes Video lebende Nervenzellen bei ihrer Arbeit – der Signalübertragung.

Die Wissenschaftler erwarten, dass die scharfen Einblicke in lebende Zellen wichtige Erkenntnisse in der Gesundheitsforschung ermöglichen und zukünftig zur Entwicklung neuer Therapieformen führen können. Seit November 2007 ist das STED-Mikroskop auch kommerziell erhältlich. Es wird von der Firma Leica-Microsystems vertrieben.

Zur Person:

Stefan W. Hell (Jahrgang 1962) studierte nach dem Abitur in Ludwigshafen am Rhein in Heidelberg Physik. Er habe „phantastische“ Physiklehrer und Hochschullehrer gehabt, denen man die Freude angemerkt habe, Physiker zu sein, Forschung zu machen und Dinge verstehen zu wollen. Nach seiner Promotion 1990 in Heidelberg verfolgte er seine Ideen zunächst als „freier Erfinder“. Nach einer Zeit als Postdoktorand am EMBL in Heidelberg ging er 1993 als Gruppenleiter nach Turku, Finnland. Dort entwickelte er das Prinzip der STED-Mikroskopie. Von Turku aus wechselte Hell 1997 als Leiter einer Max-Planck-Nachwuchsgruppe an das Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen, wo er seit 2002 die Abteilung NanoBiophotonik leitet. Hell ist Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und Honorarprofessor für Experimentalphysik an der Georg-August-Universität Göttingen. Für seine Leistungen wurde Stefan Hell mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt. Er erhielt unter anderem den Preis der International Commission for Optics (2000), den Carl-Zeiss-Preis (2002), den Karl Heinz Beckurts-Preis (2002), den 10. Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten (2006), den Julius-Springer-Preis für Angewandte Physik (2007), den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2008) sowie den Niedersächsischen Staatspreis (2008).

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