Neues Notfallmedikament bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung?

Vasopressin bei Herz-Lungen-Wiederbelebung wirksam
Innsbrucker Forscher wollen Zulassung der Substanz für Behandlung eines Herz-Kreislaufstillstands

Adrenalin wird seit über 100 Jahren als Standard-Medikament bei einem plötzliche Herz-Kreislauf-Stillstand eingesetzt. Ein Forscherteam rund um Karl H. Lindner und Volker Wenzel von der Universitätsklinik für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizin der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck hat nun nach jahrelangen Untersuchungen nachgewiesen, dass der Wirkstoff Vasopressin mindestens genauso erfolgreich wie Adrenalin als Notfallmedikament bei der Herz-Lungen-Wiederbelebung eingesetzt werden kann. Das Projekt wurde vom FWF unterstützt.

Vasopressin wird bereits seit dem Jahr 2000 für die Therapie von erwachsenen Patienten mit Herzkammerflimmern empfohlen. Der Wirkstoff verbessert den Blutdruck während einer Herz-Lungen-Wiederbelebung und steigert dadurch wahrscheinlich die Überlebenschancen eines Patienten mit einem Herz-Kreislaufstillstand. „Wir haben bei Patienten, die einen Herz-Kreislaufstillstand überlebt haben, eine hohe Dosis an körpereigenem Vasopressin festgestellt und daraus geschlossen, dass der Körper in dieser lebensbedrohenden Situation diesen Wirkstoff verstärkt ausschüttet“, erklärt Wenzel. „Untersuchungen haben die Vermutung, dass durch den Notarzt injiziertes Vasopressin nützlich ist, bestätigt. Die Überlebenschance in den ersten 24 Stunden nach einem Herz-Kreislaufstillstand steigt.“

Die mögliche Überlegenheit des Wirkstoffs Vasopressin gegenüber Adrenalin soll jetzt anhand der Daten einer durch die Innsbrucker Wissenschaftler international organisierten klinischen Prüfung überprüft werden, die an 33 Notarzt-Stützpunkten in Österreich, der Schweiz und Deutschland an 1.219 Patienten durchgeführt wurde. Die Ergebnisse werden demnächst dem internationalen Fachpublikum vorgestellt und dann in einer internationalen Fachzeitschrift veröffentlicht. „Wenn die Studiendaten unseren Erwartungen entsprechen, könnten wir damit eine Zulassung von Vasopressin für die Behandlung eines Herz-Kreislaufstillstands erreichen. Denn obwohl die internationalen Richtlinien die Verwendung von Vasopressin bereits ausdrücklich empfehlen, ist das Medikament für eine solche Anwendung noch gar nicht zugelassen“, so Wenzel.

In der klinischen Praxis wird laut Wenzel Vasopressin oft verwendet, und manche Patienten konnten bereits von Vasopressin profitieren. Die rechtlichen Rahmenbedingungen würden aber der Entwicklung derzeit noch etwas nach hinken. In der Fachwelt wurde die Leistung der Innsbrucker Anästhesisten bereits mit mehreren wissenschaftlichen Auszeichnungen gewürdigt, so etwa mit dem Hoechst-Preis der Universität Innsbruck, dem Preis für Notfall- und Intensivmedizin der Universitäten München und Münster sowie mit Preisen der American Heart Association und der Amerikanischen Gesellschaft für Intensivmedizin.

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Sandra Standhartinger pte.online

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