Metalle verbinden ohne Schweißen

Der Flansch aus Aluminium hält fest an der Aluminiumwand. Siekmann, CAU

Schweißen ist noch immer die Standardtechnik, um Metalle miteinander zu verbinden. Doch das aufwändige Verfahren unter hohen Temperaturen ist nicht überall einsetzbar. Eine flexible Alternative zu herkömmlichen Schweiß- und Klebeverfahren hat jetzt ein Forschungsteam der Arbeitsgruppe „Funktionale Nanomaterialien“ der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gemeinsam mit der Kieler Phi-Stone AG entwickelt. Basierend auf einem speziellen Ätzverfahren lassen sich damit Aluminium und Aluminiumlegierungen sowohl miteinander als auch mit Kunststoffen dauerhaft stabil verbinden.

Schweißen ist noch immer die Standardtechnik, um Metalle miteinander zu verbinden. Doch das aufwändige Verfahren unter hohen Temperaturen ist nicht überall einsetzbar. Eine flexible Alternative zu herkömmlichen Schweiß- und Klebeverfahren hat jetzt ein Forschungsteam der Arbeitsgruppe „Funktionale Nanomaterialien“ der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gemeinsam mit der Kieler Phi-Stone AG entwickelt.

Basierend auf einem speziellen Ätzverfahren lassen sich damit Aluminium und Aluminiumlegierungen sowohl miteinander als auch mit Kunststoffen dauerhaft stabil verbinden. Auf der Hannover Messe (23.-27. April) präsentieren sie den Prototypen einer mobilen Fügestation. Unter Einbeziehung der Kundenseite wollen sie ihn zukünftig in Serienherstellung produzieren.

Beim Schweißen werden Bauteile lokal miteinander verschmolzen. Die dafür nötigen hohen Temperaturen können das Material in der sogenannten Wärmeinflusszone allerdings strukturell verziehen sowie optisch verändern. Auch erfordern sie besondere Sicherheitsvorkehrungen und entsprechend qualifiziertes Personal.

Das Verfahren der CAU-Forschungsgruppe um Professor Rainer Adelung schont dagegen nicht nur die zu verbindenden Materialien. Es lässt sich auch einfacher und flexibler anwenden, selbst an schwer zugänglichen Stellen wie in Ecken oder kopfüber an der Decke. Bereits in wenigen Minuten lassen sich so Metalle untereinander, aber auch mit Kunststoffen fest verbinden.

Anwendungsgebiete sieht das Team zum Beispiel im Schiff-, Flugzeug oder Fahrzeugbau. Besonders gut geeignet sei das Verfahren, um Bauteile nachträglich in schon bestehenden Konstruktionen anzubringen, zum Beispiel im Innenraum von Schiffen oder Autos, beschreibt Adelung denkbare Einsatzmöglichkeiten. „Die hohen Temperaturen beim Schweißen können zum Beispiel bereits behandelte und gestrichene Oberflächen zerstören. Unser Verfahren dagegen funktioniert bei Raumtemperatur ohne besondere Schutzvorkehrungen“, sagt Adelung.

Um Metalle verbinden zu können, raut das Kieler Forschungsteam bei seinem „Nanoscale Sculpturing“-Verfahren die Oberfläche mit einem elektrochemischen Ätzverfahren präzise auf, so dass auf Mikrometerebene eine feine, quaderförmige Widerhakenstruktur entsteht. Werden zwei so behandelte Oberflächen mittels Kleber ineinander verhakt, entsteht eine nur sehr schwer lösbare Verbindung.

Wenn etwas bricht, dann höchstens der Kleber an sich oder das Material selbst, nicht aber die Verbindungsstelle“, betont Ingo Paulowicz, Vorstand der Phi-Stone AG. Adelung ergänzt: „Das Nanoscale Sculpturing-Verfahren eröffnet damit völlig neue Möglichkeiten in der Fügetechnik, aber auch ganz neuartige Werkstoffkombinationen wie Aluminium mit Kupfer oder mit Silikon. Das könnte zum Beispiel für die Medizintechnik interessant sein.“

Um ihr Verbindungsverfahren industriell anwenden zu können, entwickelte das Team der CAU mit der Phi-Stone AG den mobilen und einfach zu bedienenden Prototypen „Metalangelo“. Mit per 3D-Druck individuell herstellbaren Ätzzellen lassen sich Metalloberflächen damit formgenau bei Raumtemperatur bearbeiten. Gemeinsam mit ersten Kunden wollen sie das Produkt abgestimmt auf ihre Anforderungen bis zur Marktreife weiterentwickeln.

Zwei Patente dazu sind bereits angemeldet. Der Name des Prototypens betont mit dem Bezug zum Renaissance-Bildhauer Michelangelo das Grundprinzip des neuen Verfahrens: das gezielte Bearbeiten von Oberflächen – im Fall des Kieler Forschungsteams jedoch Metall statt Marmor.

Vom 23.-27. April 2018 präsentiert das Forschungsteam seinen Prototypen am Stand der Universität Kiel auf der Hannover Messe und führt das Verfahren täglich jeweils um 13.30 Uhr live vor (Halle 2, Research & Technology, Stand C07).

Professor Rainer Adelung stellt das neue Verbindungsverfahren außerdem am Dienstag, 24. April, um 14.00 und 16.00 Uhr in einem Vortrag vor. Zum zweiten Mal ist die Landesuniversität auf der weltgrößten Industriemesse vertreten und zeigt vielfältige Beiträge des Forschungs- und Innnovationsstandortes Schleswig-Holstein: www.uni-kiel.de/hannovermesse

Weitere Informationen zum Ätzverfahren “Nanoscale Sculpturing”:
M. Baytekin-Gerngross, M.D. Gerngross, J. Carstensen and R. Adelung: Making metal surfaces strong, resistant, and multifunctional by nanoscale-sculpturing. Nanoscale Horizons. DOI: 10.1039/C6NH00140H
http://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2016/nh/c6nh00140h#!divAbstract

CAU-Pressemitteilung vom 7.9.2016
http://www.uni-kiel.de/pressemeldungen/index.php?pmid=2016-285-nanosculpturing

Video zum Prozess:
https://youtu.be/B3XO4RGvHqI

Bildmaterial zum Download ist vorhanden:
http://www.uni-kiel.de/download/pm/2018/2018-110-2.jpg
Auf der Hannover Messe präsentiert die Forschungsgruppe der CAU zusammen mit der Kieler Firma Phi-Stone AG ihren mobilen Prototypen „Metalangelo“.
Foto/Copyright: Siekmann, CAU

http://www.uni-kiel.de/download/pm/2018/2018-110-3.jpg
Die Ätzzelle wird mittels eines Vakuum-gestützten Halters auf einer Aluminiumfläche befestigt und dort gezielt elektrochemisch strukturiert.
Foto/Copyright: Siekmann, CAU

http://www.uni-kiel.de/download/pm/2018/2018-110-4.jpg
Unter dem Mikroskop wird die feine Widerhakenstruktur der aufgerauten Metalloberfläche sichtbar. Verschiedene Materialien lassen sich so miteinander „verhaken“ und dauerhaft verbinden.
Foto/Copyright: Mark-Daniel Gerngroß

http://www.uni-kiel.de/download/pm/2018/2018-110-5.jpg
Der Flansch aus Aluminium hält fest an der Aluminiumwand.
Foto/Copyright: Siekmann, CAU

http://www.uni-kiel.de/download/pm/2018/2018-110-6.jpg
Eine Schweißnaht wie bei der auf herkömmliche Weise verbundenen Aufhängung im Vordergrund entsteht beim Verbinden der Metalle nicht.
Foto/Copyright: Siekmann, CAU

Kontakt:
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Professor Rainer Adelung
Arbeitsgruppe Funktionale Nanomaterialien
Tel.: +49 (0)431/880 6116
E-Mail: ra@tf.uni-kiel.de
Web: www.tf.uni-kiel.de/matwis/fnano

Phi-Stone AG
Ingo Paulowicz, Vorstand
Telefon: +49-431-7054186
E-Mail: ingo.paulowicz@phi-stone.de
www.phi-stone.de

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Presse, Kommunikation und Marketing, Dr. Boris Pawlowski, Text/Redaktion: Julia Siekmann
Postanschrift: D-24098 Kiel, Telefon: (0431) 880-2104, Telefax: (0431) 880-1355
E-Mail: presse@uv.uni-kiel.de, Internet: www.uni-kiel.de, Twitter: www.twitter.com/kieluni Facebook: www.facebook.com/kieluni, Instagram: www.instagram.com/kieluni

Media Contact

Dr. Boris Pawlowski Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Alle Nachrichten aus der Kategorie: HANNOVER MESSE

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

KI-basierte Software in der Mammographie

Eine neue Software unterstützt Medizinerinnen und Mediziner, Brustkrebs im frühen Stadium zu entdecken. // Die KI-basierte Mammographie steht allen Patientinnen zur Verfügung und erhöht ihre Überlebenschance. Am Universitätsklinikum Carl Gustav…

Mit integriertem Licht zu den Computern der Zukunft

Während Computerchips Jahr für Jahr kleiner und schneller werden, bleibt bisher eine Herausforderung ungelöst: Das Zusammenbringen von Elektronik und Photonik auf einem einzigen Chip. Zwar gibt es Bauteile wie MikroLEDs…

Antibiotika: Gleicher Angriffspunkt – unterschiedliche Wirkung

Neue antimikrobielle Strategien sind dringend erforderlich, um Krankheitserreger einzudämmen. Das gilt insbesondere für Gram-negative Bakterien, die durch eine dicke zweite Membran vor dem Angriff von Antibiotika geschützt sind. Mikrobiologinnen und…

Partner & Förderer