Hannover Messe 2012: Umweltfreundlich putzen und waschen

Waschpulver, Spülmittel, Haushaltsreiniger, Hautcremes, Duschgele, Shampoos – sie alle enthalten Tenside. Diese bewirken, dass Schmutz und Fett sich lösen, Haarwaschmittel schäumen und Cremes schnell einziehen. Ein Großteil der Tenside wurde bislang aus Erdöl hergestellt, einem begrenzten fossilen Rohstoff.

Die Industrie sucht deshalb nach Alternativen und setzt verstärkt auf Tenside aus nachwachsenden Rohstoffen. Allerdings werden die oberflächenaktiven Substanzen meist chemisch hergestellt. Das Problem: Die im chemischen Prozess erzeugten Stoffe eignen sich nur für wenige Anwendungen, da sie eine beschränkte Strukturvielfalt aufweisen, ihre Molekülstruktur also wenig komplex ist.

Für ein anderes Verfahren haben sich daher die Forscher am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB entschieden: Sie stellen Tenside biotechnologisch mithilfe von Pilzen oder Bakterien her. »Wir produzieren Biotenside mikrobiell auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen wie Zucker und Pflanzenöl«, sagt Susanne Zibek, Technische Biologin und Ingenieurin am IGB in Stuttgart. Die Forscherin und ihr Team verwenden Cellobioselipide (CL) und Mannosylerythritollipide (MEL), da diese sich in Tests als vielversprechend für den industriellen Einsatz erwiesen haben. Sie werden von einigen Brandpilzen, die beispielsweise Maispflanzen befallen, in größeren Mengen gebildet. CL wirkt darüber hinaus auch antibiotisch.

Gegenüber ihren synthetischen Konkurrenten zeichnen sich Biotenside durch eine größere Strukturvielfalt aus. Darüber hinaus lassen sie sich besser abbauen und sind weniger toxisch. Fette lösen sie ebenso gut. Dennoch kommen sie bislang nur in wenigen Haushaltsmitteln und Kosmetika vor. Der Grund: Die Fertigung ist aufwändig, und die Ausbeute fällt zu gering aus. Zur Marktreife gebracht hat es beispielsweise das Sophoroselipid aus Candida bombicola – einige Hersteller verwenden es als Zusatz für Haushaltsreiniger. Eine Hefe, die aus dem Blütennektar von Hummeln gewonnen wird, produziert dieses Biotensid.

»Damit die natürlichen Tenside den Massenmarkt erobern, müssen wir die Ausbeute bei der Fermentation verbessern«, sagt Zibek. Um die Produktionskosten zu senken, optimieren die Wissenschaftler den Herstellungsprozess. In einem Bioreaktor kultivieren sie unter ständigem Rühren die Mikroorganismen in einem Nährmedium, das unter anderem aus Zucker, Öl, Vitaminen und Mineralsalzen besteht. Ziel ist es, innerhalb kürzester Zeit hohe Konzentrationen zu erzielen – möglichst viele Mikroorganismen müssen anwachsen. Über den Erfolg entscheiden zahlreiche Faktoren wie die Sauerstoffzufuhr, der pH-Wert, die Beschaffenheit der Zellen, die Temperatur und die Zusammensetzung der Nährlösung: Dabei spielen beispielsweise nicht nur die Anteile von Zucker und Öl eine Rolle, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der sie hinzugefügt werden. »Wir konnten bereits Konzentrationen von 16 Gramm pro Liter für die CL erzielen und sogar 100 Gramm pro Liter für die MEL – mit hoher Produktionsrate«, freut sich die Gruppenleiterin.

Im nächsten Schritt werden die Biotenside von der Fermentationsbrühe getrennt und in Zusammenarbeit mit Projektpartnern aus der Industrie charakterisiert: Welches Biotensid eignet sich für Spülmittel, welches für Ofenreiniger, welches taugt für Kosmetika? Abschließend können die Substanzen enzymatisch verändert und verbessert werden. »Beispielsweise ist es uns gelungen, die Wasserlöslichkeit zu erhöhen, schließlich sollen die Tenside nicht als Fettfilm auf dem Waschmittel schwimmen«, erläutert Zibek. Sogar aus Abfallprodukten haben die Experten inzwischen Biotenside hergestellt: Der für das Nährsubstrat verwendete Zucker wurde aus Stroh gewonnen. Auf der Hannover Messe vom 23. bis 27. April (Halle 2, Stand D22) präsentieren die Forscher selbst erzeugte Biotenside.

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Susanne Zibek Fraunhofer Mediendienst

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