WSI-Studie: Zusätzliche Arbeitsplätze durch koordinierte Geld- und Lohnpolitik

Durch eine abgestimmte Geld- und Lohnpolitik hätten in den 90er Jahren mehrere 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden können. Bis zum Jahr 2006 könnte eine solche Politik darüber hinaus bis zu 250.000 zusätzliche Arbeitsplätze ermöglichen. Zu diesem Ergebnis kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in einer Studie.

Verschiedene Szenarien für die Lohn- und Geldpolitik wurden auf ihre gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen im Zeitraum von 1991 bis 2000 sowie für die Zeit von 2001 bis 2006 untersucht. Am günstigsten schnitt dabei eine Kombination aus produktivitätsorientierter Lohnpolitik – möglichst in allen Ländern der EU – und einer Zinspolitik ab, wie sie von der amerikanischen Zentralbank (Federal Reserve) verfolgt wird.

Durch eine produktivitätsorientierte Lohnpolitik, die den volkswirtschaftlichen Verteilungsspielraum aus Produktivitätswachstum und Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank (EZB) ausschöpft, hätten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den 90er Jahren deutlich mehr verdienen können – ohne dass dadurch Wachstum und Beschäftigung beeinträchtigt worden wären. Damit es zukünftig zu mehr Wachstum und Beschäftigung kommt, muss eine solche Lohnpolitik von der EZB honoriert und unterstützt werden, so die WSI-Wissenschaftler. Hierzu müsste die EZB das Wachstums- und Beschäftigungsziel ebenso ernst nehmen wie das Inflationsziel und damit der Praxis der amerikanischen Federal Reserve folgen. Inflationsgefahren würden durch diese insgesamt weniger restriktive Zinspolitik nicht ausgelöst.

Als bemerkenswert positiv erwiesen sich in der Studie auch die Wirkungen einer koordinierten Geld- und Lohnpolitik auf den Staatshaushalt. Durch das höhere Wachstum und die niedrigeren Zinsen hätte demnach das Budgetdefizit in den 90er Jahren um fast 1,5 Prozent des Brutto-Inlands-Produkts gesenkt werden können. Wären diese Mittel verwendet worden, um öffentliche Investitionen zu stärken, hätte sich der wachstums- und beschäftigungspolitische Erfolg nochmals ganz erheblich steigern lassen.

Fazit der WSI-Studie: Insgesamt spreche alles für eine verbesserte makroökonomische Koordination der Politikbereiche Geld-, Lohn- und Finanzpolitik.

Dem Thema „Koordinierte Makropolitik“ widmet sich auch das diesjährige WSI-Herbstforum „Europäische Währungsunion und beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik – Abschied oder Neuanfang?“ am 29. und 30.11.2001 in Düsseldorf.
Eine Einschätzung zur gegenwärtigen Konjunkturlage und eigene wirtschaftspolitische – insbesondere finanzpolitische – Empfehlungen wird das WSI in Heft 12/2001 der WSI-Mitteilungen unter dem Titel: „WSI-Konjunkturbericht 2001: Zeit für koordinierte Makropolitik“ gegen Mitte Dezember veröffentlichen.

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Karin Rahn idw

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