Wird ein hoher Blutdruck schon vor der Geburt festgelegt?

Heidelberger Wissenschaftler finden Zusammenhang zwischen Hypertonie und Zahl der Nierenkörperchen / Studie im „New England Journal of Medicine“

Ob sich im Erwachsenenalter ein hoher Blutdruck entwickelt, wird meist vor der Geburt entschieden. Dies trifft für die sogenannte „essentielle Hypertonie“ zu, an der über 90 Prozent aller Hochdruck-Patienten leiden und deren Ursachen bislang unbekannt sind. Wissenschaftler der Universitäten Heidelberg und Erlangen haben festgestellt: Wer weniger Nierenkörperchen (sog. Glomeruli) hat, läuft eher Gefahr, einen hohen Blutdruck (Hypertonie) zu entwickeln. Die „Glomeruli“ sorgen für die Filterung des Harns aus dem Blut und werden in der Embyronalzeit angelegt. Ihre Zahl ist entweder erblich bedingt oder wird durch Umweltfaktoren, z. B. Ernährung, im Mutterleib beeinflusst. Die Studie wurde jetzt in der renommierten amerikanischen Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht.

Die Wissenschaftler untersuchten bei insgesamt 20 Verkehrsopfern zwischen 35 und 59 Jahren, wie viele Glomeruli deren Nieren enthielten. Die Hälfte der Verstorbenen hatte zu Lebzeiten an einem hohen Blutdruck ungeklärter Ursache gelitten. „In diesen Nieren fanden wir im Durchschnitt ca. 700.000 Glomeruli, bei Gesunden doppelt so viele“, erklärt die Ärztin Gunhild Keller, die sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit unter Anleitung von Frau Prof. Dr. Kerstin Amann, Pathologisches Institut der Universität Erlangen, und Dr. Gisela Zimmer vom Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg mit dieser Problematik befasst hat.

Niere reguliert den Blutdruck / Weniger, aber größere Nierenkörperchen

Die Niere ist ein wichtiges Regulationsorgan für den Blutdruck: Durch Ausscheidung von Salz und die Produktion spezifischer Hormonen kann sie ihn maßgeblich beeinflussen. Hoher Blutdruck wiederum kann die Nierenfunktion erheblich einschränken, indem er die Glomeruli schädigt. „Wir konnten jedoch ausschließen, dass die verringerte Anzahl der Glomeruli eine Folge des hohen Blutdrucks war“, sagt Prof. Dr. Eberhard Ritz, Leiter der Sektion Nephrologie an der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg. Noch eine weitere Besonderheit fanden sie Wissenschaftler in den „Hochdruck-Nieren“: Sie hatten nicht nur weniger, sondern auch größere Nierenkörperchen. „Durch Expansion versuchen die verbliebenen Nierenfilter den Ausfall zu kompensieren“, erklärt Prof. Ritz.

Das Ergebnis dieser Studie wird durch andere Untersuchungen gestützt: Ein geringes Geburtsgewicht sowie unterdurchschnittlich kleine Nieren sind als wichtige Risikofaktoren für die Entwicklung eines hohen Blutdrucks bekannt. Mangelhafte Ernährung oder toxische Stoffe während der Schwangerschaft und/oder eine genetische Veranlagung könnten verhindern, dass ausreichend Glomeruli angelegt werden. Ein weiteres Indiz für die Bedeutung der Nierenkörperchen haben Untersuchungen bei nierentransplantierten Patienten geliefert: Wer eine Spenderniere von einem Patienten mit Hochdruck erhalten hat, entwickelt häufiger einen hohen Blutdruck. Dafür könnte ausschlaggebend sein, dass die Zahl der Glomeruli in der übertragenen Niere geringer ist.

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw

Weitere Informationen:

http://www.med.uni-heidelberg.de

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