Von Molekülen zu neuronalen Netzwerken

Schilling-Stiftung finanziert Abteilung für Klinische
Neurobiologie in Heidelberg

Mit Finanzierung durch die Hermann und Lilly Schilling-Stiftung für medizinische Forschung wird am 7. Februar 2001 in Anwesenheit von Wissenschaftsminister Klaus von Trotha an der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg die Abteilung für Klinische Neurobiologie gegründet. Für die Abteilung stellt die Schilling-Stiftung für einen Zeitraum von zehn Jahren Personal-, Sach- und Investitionsmittel im Umfang von insgesamt 8 Mio. DM bereit. Forschungsschwerpunkt der von Professor Dr. Hannah Monyer geleiteten Abteilung ist die Identifizierung von Genen, die synchrone Aktivität in neuronalen Netzwerken steuern.

Das Gehirn ist das komplexeste Organ im menschlichen Organismus. Jede der 100 Milliarden Nervenzellen hat durchschnittlich mehrere tausend Schaltstellen (Synapsen), über die sie mit den anderen Nervenzellen kommuniziert. Es verwundert also nicht, dass mehr als die Hälfte der menschlichen Gene eine Funktion im Gehirn ausübt. Nervenzellen sind meistens ’spezialisiert’, d. h. für bestimmte Gehirnfunktionen zuständig. Was eine Nervenzelle zu einer Riechzelle oder einer Sehzelle macht, wird zu einem großen Teil genetisch kontrolliert, d. h. funktionelle Diversität von Nervenzellen zeichnet sich auch durch einen unterschiedlichen Satz von Eiweißmolekülen aus.

Die Heidelberger Forscher beschäftigen sich u.a. mit solchen Nervenzellen, die unter anderem die Aktivität anderer Nervenzellen in einem Verband bestimmen. Die synchrone Aktivität von Nervenzellen in Netzwerkverbänden spielt beim Entstehen von Repräsentationen der Welt im Gehirn eine entscheidende Rolle. Durch synchrone neuronale Aktivität lässt sich erklären, wie verschiedene Merkmale eines Objekts, z. B. Farbe, Form und Bewegung ’zusammengebunden’ werden und so die Wahrnehmung des Objekts als Ganzes erst möglich wird. Die Forscher interessiert in diesem Zusammenhang die Frage, welche Gene bzw. welche Eiweißmoleküle in welchen Zellen die synchrone Aktivität von Nervenzellen in einem Netzwerk bestimmen.

Eine weitere Forschungsrichtung der Abteilung für Klinische Neurobiologie ist die molekulare Grundlage altersabhängiger Lernmechanismen im Gehirn. Hier interessiert die Heidelberger Wissenschaftler vor allem, inwieweit genetische Programme durch Umwelteinflüsse moduliert werden können.

Innerhalb ihres Förderungsprogramms „Neurowissenschaft in der Klinik“ finanziert die Schilling-Stiftung die Errichtung von insgesamt fünf Instituten oder Abteilungen für Neurowissenschaft an Neurologischen Kliniken. Die von der Stiftung geförderten Einrichtungen stellen erstmals in Deutschland eine dauerhafte wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Grundlagenwissenschaftlern als Leiter von Abteilungen einer Universitätsklinik und dem Ärztlichen Direktor der jeweiligen Klinik sicher. Die vier ersten Einrichtungen dieser Art wurden in München, Berlin, Würzburg und Tübingen gegründet. Insgesamt stellt die Stiftung rund 40 Mio. DM im Rahmen ihres Programms „Neurowissenschaft in der Klinik“ zur Verfügung.

Ziel der Schilling-Stiftung ist es, in den Neurologischen Kliniken durch die Einrichtung von Forschungsprofessuren eine Laufbahn für Grundlagenwissenschaftler zu schaffen. Damit entspricht die Stiftung einer wichtigen Empfehlung des Wissenschaftsrates zur Verbesserung der klinischen Forschung in Deutschland.

Die Hermann und Lilly Schilling-Stiftung für medizinische Forschung arbeitet seit 1970 unter dem Dach des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft in Essen, der insgesamt rund 300 wissenschafts- und kulturfördernde Stiftungen betreut. Das Vermögen der Schilling-Stiftung beträgt heute rund 60 Mio. DM.

Der Festakt findet statt am

07. Februar 2001, 15 Uhr,
im Hörsaal der Kopfklinik,
Im Neuenheimer Feld 400,
Heidelberg.

Media Contact

Michael Sonnabend idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Veranstaltungsnachrichten

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Teilnehmende der DZIF-Jahrestagung 2023 in Hannover.

Infektionsforschung: DGI und DZIF Jahrestagung in München

Mehr als 400 Expertinnen und Experten aus dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) kommen vom 13. bis 15. Februar 2025 in München zu…

Nahaufnahme eines Mannes in einem blauen Hemd, der sich mit beiden Händen an die Brust fasst und Anzeichen von Unwohlsein zeigt. Bildnachweis: voronaman111, Envato

Neue Leitlinie Für Brustschmerz In Der Hausarztpraxis

Brustschmerzen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen in der hausärztlichen Praxis. Die Gründe sind äußerst vielfältig – der oft befürchtete Herzinfarkt ist eher selten die Ursache. Trotzdem ist es wichtig, sich…

Das von zwei verschmelzenden Neutronensternen ausgesandte Signal ähnelt dem einer Stimmgabel

Stimmgabeln Im All: Töne Enthüllen Neutronensterne Geheimnisse

Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt haben eine neue Methode entwickelt, um das Innere von Neutronensternen mithilfe von bei Kollisionen entstehenden Gravitationswellen zu untersuchen. Durch die Analyse der „langen Abklingphase“ – eines…