Verleihung der Emil-Fischer-Medaille, des Carl-Duisberg-Preises und der ADUC-Jahrespreise

Am 20. März 2006 verleiht die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) anlässlich der Chemiedozententagung in Hamburg die Emil-Fischer-Medaille an Professor Dr. Bernd Giese, Basel, und den Carl-Duisberg-Gedächtnispreis an Dr. habil. Margaret-Jane Crawford, München. Beide Preise werden nunmehr zum 42. Mal vergeben, die Emil-Fischer-Medaille seit 1912, der Carl-Duisberg-Gedächtnispreis seit 1936. Die Auszeichnungen sind derzeit mit Preisgeldern in Höhe von je 7.500 Euro verbunden. In Hamburg werden zudem drei Habilitanden für ihre wissenschaftlich besonders herausragenden Arbeiten ausgezeichnet.


Mit Bernd Giese wird ein herausragender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Organischen und Bioorganischen Chemie für wichtige neue Forschungsrichtungen geehrt. Sein Lebensweg begann 1940 in Hamburg, seine Studienjahre führten ihn nach Heidelberg und München. Nach Abschluss der Dissertation nahm er 1969 eine Stelle in der Pharmaforschung bei der BASF in Ludwigshafen an, kehrte aber nach zwei Jahren an die Hochschule zurück, um sich – zunächst in Münster, dann in Freiburg – zu habilitieren. 1977 erhielt er einen Ruf auf einen Lehrstuhl an der TU Darmstadt, wo er zwölf Jahre lang tätig war, unterbrochen von Gastaufenthalten in den Forschungslaboratorien der IBM in San Jose, an der University of St. Andrews, an der Tongij Universität in Shanghai und in der Forschungsabteilung der DuPont in Wilmington; Delaware. 1989 nahm er einen Ruf als Ordinarius für Organische Chemie an die Universität Basel an.

Zu Beginn seiner unabhängigen Forschungstätigkeit hat Giese wichtige Beiträge zum Verständnis der Kinetik und Selektivität komplexer Reaktionen geleistet. Die daraus abgeleitete Isoselektive Beziehung wurde zu einem wichtigen Konzept für mechanistische Untersuchungen. Giese gehörte ferner zu den Pionieren, die radikalische (C-C)-Verknüpfungen als eine leistungsfähige Methodik in die Organische Synthese einbrachten. Mit bemerkenswerten Ansätzen in der Synthese von Naturstoffen hat Giese das Anwendungspotential von Radikalreaktionen eindrücklich aufgezeigt. Die Addition von C-Radikalen an Olefine ist als Giese-Reaktion bekannt. Die „Zähmung“ von Radikalreaktionen war nur dank Gieses großer Kompetenz für sowohl physikalisch-organische als auch synthetische Fragestellungen möglich. In jüngster Zeit haben sich seine Forschungsinteressen in Richtung Biologie verschoben. So konnte er neue Mechanismen für die radikalische Spaltung von DNA-Strängen und Lipiden vorschlagen und neue Erkenntnisse zur Funktionsweise der Ribonukleotid-Reduktase gewinnen. In bahnbrechenden Arbeiten gelang es ihm, den Mechanismus von Elektronentransferprozessen in der DNA aufklären. Sein „Hopping-Mechanismus“ liefert eine überzeugende Erklärung für die Sequenzabhängigkeit des Ladungstransfers.

Giese wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. 1977 mit dem Carl-Duisberg-Gedächtnispreis der GDCh, der höchsten GDCh-Auszeichnung für junge Wissenschaftler, die in diesem Jahr Margarete-Jane Crawford zugedacht wird.

Crawford arbeitet an der LMU München auf dem Gebiet der Anorganischen Chemie. Mit dem von ihr im vergangenen Jahr synthetisierten Uran-Azid, einem Heptaazid, machte sie in der Fachwelt auf sich aufmerksam. Zunächst hatte sie sich während ihrer Habilitation mit der erstmaligen strukturellen Charakterisierung von Uranhalogenid- und -pseudohalogenid-Verbindungen sowie Dioxouran-Dihalogeniden befasst. Crawford interessieren nicht nur die neuartigen Eigenschaften der von ihr synthetisierten Verbindungen, ihre Arbeiten dienen zudem der Suche nach effizienteren Brennstoffen für Nuklearreaktoren und besseren Uran-Katalysatoren, die auch in der Industrie erprobt werden. Crawfords Arbeiten könnten den Beginn einer neuen Actinoiden-Chemie aufzeigen; man spricht im Zusammenhang mit ihren Arbeiten aber auch von einer Renaissance der Azid-Chemie.

Crawford wurde 1975 im schottischen Lochgilphead geboren. Sie studierte Chemie an der Universität Glasgow und promovierte dann an der LMU in nur zwei Jahren zum Thema „Small, Highly Reactive Molecules: Azides, Pseudohalides and Fluorine-Containing Compounds“. Als Postdoktorandin ging sie an die Universität von New Brunswick in Kanada und habilitierte sich schließlich von 2001 bis 2005 an der LMU über präparative Uran-Chemie.

Auf der Chemiedozententagung verleiht die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Universitätsprofessoren und -professorinnen für Chemie die ADUC-Jahrespreise 2006 für Habilitanden und Habilitandinnen. Zu den drei Preisträgern zählen zwei weitere Wissenschaftler von der LMU München; Dr. Jörn Schmedt auf der Günne, der sich u.a. der strukturellen Charakterisierung amorpher anorganischer Feststoffe widmet, und Dr. Bernd Franz Straub, der sich mit dem rationalen Design von Übergangsmetallkatalysatoren auf Basis theoretischer Untersuchungen befasst. Der dritte Preisträger ist Dr. Stefan Hecht vom MPI für Kohlenforschung in Mülheim/Ruhr. Er forscht über helikal faltende und photoschaltbare Oligo- und Polymere sowie über funktionalisierte selbstorganisierte Nanostrukturen. Die drei ADUC-Jahrespreise sind mit je 2.500 Euro dotiert.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 27.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie vergibt zahlreiche auch international angesehene Preise, so die Emil-Fischer-Medaille, benannt nach dem Chemie-Nobelpreisträger von 1902, der für seine Arbeiten über Zucker und Purine ausgezeichnet wurde. Mit dem Carl-Duisberg-Gedächtnispreis wird die Erinnerung an einen der bedeutendsten Industriechemiker wachgehalten. Der Preis wurde nach Duisbergs Tod 1935 von der IG Farbenindustrie beim Verein Deutscher Chemiker, eine der beiden Vorgängerorganisationen der GDCh, zur Förderung des akademischen Nachwuchses eingerichtet.

Kontakt:
Dr. Renate Hoer
Gesellschaft Deutscher Chemiker
Öffentlichkeitsarbeit
Postfach 900440
60444 Frankfurt
Tel.: 069/7917-493
Fax: 069/7917-307
E-Mail: r.hoer@gdch.de

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Dr. Renate Hoer Gesellschaft Deutscher Chemiker

Weitere Informationen:

http://www.gdch.de

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