Learning by viewing
Ob beim Besuch im Naturkundemuseum oder im Physikunterricht in der Schule: Wo Wissen vermittelt oder Fähigkeiten erlernt werden sollen, lautet die Devise heute oft „Selbermachen“. Denn interaktives Lernen gilt als besonders effizient. „In der Literatur findet sich mittlerweile eine enorme Fülle an Daten, die die Effektivität des selbsttätigen, handelnden Lernens belegen“, sagt Prof. Dr. Melanie Steffens von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Allerdings, so fährt die Professorin für Psychologie fort, sei dies nur die halbe Wahrheit. Wie Prof. Steffens und ihr Team in einem aktuellen Forschungsprojekt zeigen konnten, lassen sich Lernerfolge ebenso gut auch durch genaues Beobachten erzielen. Mehr noch: „Manchmal ist der Beobachter sogar im Vorteil gegenüber dem selbst Handelnden“, so Steffens.
Welche Fähigkeiten sich eher durch Handeln erlernen lassen und welche besser durch Beobachten, das wollen die Jenaer Psychologen nun genauer untersuchen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert ihr Projekt „Gedächtnis für Handlungen: Werden Handlungssequenzen nach Ausführung besser erinnert als nach Beobachtung oder Lernen?“ für weitere drei Jahre mit rund 250.000 Euro. „Ziel ist es, nicht nur zu analysieren, mit welcher Methode man wann am besten lernt“, erläutert Projektmitarbeiterin Janette Schult, „sondern auch, die Ursachen für diese Unterschiede zu klären.“
Dazu stellen die Jenaer Psychologen den Testpersonen kleine Lernaufgaben: Papierfiguren falten, Flugzeuge aus Legosteinen bauen oder Seemannsknoten binden. Während eine Gruppe der Probanden die Aufgabe nach Anleitung selbst erledigen muss, gilt es für eine andere Gruppe, sich den Handlungsablauf allein durch Beobachten anzueignen. Anschließend müssen alle Probanden das Erlernte unter Beweis stellen. Das Ergebnis der bisherigen Untersuchungen zeigt, dass die Beobachtung des Handlungsablaufs zu genau so guten Lernleistungen führt wie das Lernen durch Ausführung.
„Diejenigen, die selbst handeln, machen unmittelbare Erfahrungen, die es eventuell erleichtern, sich später an die Abläufe zu erinnern“, erläutert Rul von Stülpnagel, der gemeinsam mit Janette Schult das Projekt bearbeitet. „Das ist einerseits ein großer Vorteil.“ Andererseits erfordere das Selbermachen an sich schon große Aufmerksamkeit, die dann für das Erfassen größerer Zusammenhänge – etwa bei komplexen Abläufen – fehle. „Wer selbst handelt, kann sich so besser an einzelne Tätigkeiten erinnern, etwa wie ein bestimmter Legostein an einer bestimmten Stelle platziert werden muss“, so der Psychologe. „Derjenige, der den gesamten Bauprozess nur beobachtet, erfasst dagegen deutlich besser die Abfolge aller Schritte und kann diese anschließend besser in Zusammenhang bringen“, ergänzt seine Kollegin Schult.
Diese unterschiedlichen Lernprozesse detaillierter zu untersuchen, das haben sich die Psychologen der Jenaer Uni für die kommenden drei Jahre zur Aufgabe gemacht. Dabei sehen sie ihre Studie zunächst als reine Grundlagenforschung. „Allerdings können unsere Ergebnisse langfristig auch dazu dienen – etwa über eine bestimmte Unterrichtsgestaltung – gezielt Lernprozesse zu unterstützen“, sagt Prof. Steffens.
Kontakt:
Janette Schult, Rul von Stülpnagel
Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Steiger 3 / Haus 1, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945114
E-Mail: janette.schult[at]uni-jena.de, rul.von-stuelpnagel[at]uni-jena.de
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Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Bildung Wissenschaft
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