Lebenslange Bildung – Herausforderung der Gegenwart

„Bildung“ ist eines der Schlüsselworte der Gegenwart. In Rankings wird sie vermeintlich gemessen, gewichtet und verglichen, in Schule und Hochschule vermittelt und lebenslang soll sie aufgesogen werden.

Dass Bildung jedoch weit mehr ist als Ausbildung und der Appell zu lebenslangem Lernen zeigt sich nicht zuletzt, wenn man sich der Geschichte dieses Schlüsselworts zuwendet. „Insbesondere anhand der Frage, wie Bildung im Erwachsenenalter über die Zeiten hinweg verstanden wurde, kommt die Eigenheit von Bildung jenseits ökonomischer Anpassung und Verwertbarkeit des Menschen in Blick“, ist Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena überzeugt. Der Erziehungswissenschaftler und seine Kolleginnen PD Dr. Elisabeth Meilhammer und PD Dr. Käthe Schneider haben jetzt den Sammelband „Wegweisende Werke zur Erwachsenenbildung“ herausgegeben, um diese Perspektive zu schärfen.

Den Herausgebern geht es darum, die aufklärerische Leitidee von Bildung im Gedächtnis zu halten: Bildung geht mit einem vernunftgeleiteten Gebrauch von Freiheit einher und steht damit gerade im Gegensatz zu einem nur zweckorientierten Lernen. Dabei kommt dem Raum Jena-Weimar für die Geschichte der Bildung im Erwachsenenalter eine zentrale Rolle zu. Waren es im 18. Jahrhundert die Klassik, der Idealismus und die Frühromantik, die mit unterschiedlichen Akzenten „Bildung“ auf die gesamte Lebensspanne bezogen, so konnte sich Jena zu Beginn des 20. Jahrhunderts geradezu als „der“ Ort der Erwachsenenbildung schlechthin profilieren. Das Wirken von Ernst Abbe, Wilhelm Rein, Wilhelm Flitner und Adolf Reichwein steht beispielhaft für die nationale und internationale Bedeutung, die die Saalestadt gerade auf diesem Gebiet erlangt hat.

Die Analyse der „Wegweisenden Werke“ ist Prof. Dr. Martha Friedenthal-Haase gewidmet, die nach der Wende an der Friedrich-Schiller-Universität den Lehrstuhl für Erwachsenenbildung neu aufgebaut und ihm bis zu ihrer Emeritierung in diesem Jahr ein national und international sichtbares Profil verliehen hat.

In der Einleitung definieren die Herausgeber den Begriff der Erwachsenenbildung als einen breit angelegten Prozess, bei dem es darum geht, Wissen und Kompetenzen zu erweitern und zu erhalten, die eigene Lebensführung zu verbessern und die Persönlichkeit zu entwickeln. Insofern ist die Erwachsenenbildung mit vielfältigen Gebieten verbunden, die von der Politik über Beruf, Kultur und Kunst bis zur Religion reichen.

In den Analysen der „Wegweisenden Werke zur Erwachsenenbildung“ widmen sich die Autorinnen und Autoren Texten aus sieben Jahrhunderten mit höchst unterschiedlichen Adressaten: von der geschlossenen Mönchsgesellschaft bis hin zum Bildungsbürgertum oder der breiten Öffentlichkeit. Die kommentierten Werke stehen exemplarisch für die Vielfalt der Zugänge zur Erwachsenenbildung: Sie sind Medien der Selbstbildung und Aufklärung, setzen die Erwachsenenbildung in Beziehung zu den existentiellen Lebensfragen und nehmen Stellung zu ihren Gegenwarts- und Zukunftsaufgaben. Die Auswahl der 41 besprochenen Werke reicht bei den klassischen pädagogischen Werken von der „Pampaedia“ des Johann Amos Comenius aus dem 17. Jahrhundert über Goethes Bildungsromane bis hin zum EU-„Memorandum über Lebenslanges Lernen“.

Insgesamt belegt der Band auf eindrucksvolle Weise, welchen breiten Bedeutungsgehalt Bildungsprozesse haben und wie eng ein umfassendes Bildungsverständnis im Erwachsenenalter mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena verbunden ist.

Bibliographische Angaben:
Ralf Koerrenz, Elisabeth Meilhammer u. Käthe Schneider (Hg.): Wegweisende Werke zur Erwachsenenbildung. Verlag IKS Garamond, Jena 2007, edition Paideia, 613 S., geb. Ausgabe 48 Euro, ISBN 978-3-938203-51-4.
Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Ralf Koerrenz
Institut für Erziehungswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Planetarium 4, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945331
E-Mail: s8kora[at]uni-jena.de

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