Deutsche Gründer sind risikofreudiger als ihr Ruf

Mangelnde Risikofreude gilt als eines der größten Gründungshemmnisse in Deutschland. In den USA dagegen, so heißt es immer wieder, bewiesen die Firmengründer wesentlich mehr Risikobereitschaft. Dass diese weit verbreiteten Klischees nicht stimmen und sogar das Gegenteil der Fall sein kann, zeigt der Wittener Wirtschaftsprofessor und Gründungsforscher Dietmar Grichnik in seinem neu erschienenen Buch „International Entrepreneurship“.

Prof. Dr. Dietmar Grichnik leitet an der Universität Witten/Herdecke den Lehrstuhl für Corporate Finance & Entrepreneurship. Die Entrepreneurshipforschung als relativ junge wirtschaftswissenschaftliche Disziplin erforscht die Gründung und Entwicklung junger Unternehmen. In seiner Studie, die zur Theoriebildung auf Basis empirischer Forschung beitragen soll, vergleicht Dietmar Grichnik das Entscheidungs- und Risikoverhalten von Unternehmern und Kapitalgebern in China, Deutschland, Israel und in den USA. „Dabei zeigten deutsche Gründer ein risikofreudigeres Verhalten als ihre US-amerikanischen Counterparts“, so Grichnik.

Trotz dieses bemerkenswerten Befundes sieht der Wirtschaftswissenschaftler auch landesspezifische Defizite. Soziale und kulturelle Normen wirkten hierzulande nach wie vor als ein Haupthemmnis unternehmerischer Betätigung. Hier gelte es, das Ansehen und das Selbstverständnis der Unternehmer, die durch ihre Innovationen für Wachstum sorgten, zu stärken. Prof. Grichnik: „Wir müssen mit gängigen Stereotypen aufräumen, die ein positives Rollenverständnis des Unternehmers in Deutschland verhindern.“

Bei der Frage, wie ein Unternehmensgründer Entscheidungen trifft, zeigen sich deutliche Unterschiede zu Nicht-Gründern. „Ein ausgeprägtes Selbstvertrauen mindert die Risikowahrnehmung potentieller Gründer, was die Gründung wahrscheinlicher werden lässt“, beschreibt Grichnik ein weiteres zentrales Ergebnis seiner experimentellen Studien. Dieses in der Theorie oft als irrational beschriebene Verhalten böte deshalb erst die Voraussetzung, sich dem Wagnis einer Gründung überhaupt auszusetzen.

Wie stark Risiken wahrgenommen werden, spiele somit bei einer Unternehmensgründung eine größere Rolle als die generelle Einstellung zum Risiko. „Hier bedarf die Entrepreneurshipforschung einer Neuorientierung, die ein derartiges Verhalten nicht a priori als irrational einordnet, sondern im Einklang mit der jeweiligen Risikoeinstellung als durchaus vernünftiges Verhalten erfasst“, so Grichnik.

Dietmar Grichnik: International Entrepreneurship. Entscheidungs- und Risikoverhalten von Unternehmensgründern und Venture-Finanziers in kulturellen Kontexten. Theoriebildung und empirische Analysen. Duncker & Humblot Berlin 2006, ISBN 3-428-12265-8

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Dietmar Grichnik, Tel. 02302/926-589, grichnik@uni-wh.de

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Bernd Frye idw

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