Siemens behauptet sich in schwierigem Umfeld

Das "Schlaganfall-Info-Mobil" ist von Mai bis August 2001 in 40 deutschen Städten unterwegs. Die medizinischen Untersuchungsgeräte an Bord ermöglichen es dem beratenden Arzt, innerhalb von zehn Minuten das persönliche Schlaganfallrisiko zu ermitteln. Foto: Bayer AG


Pierer: ’Das Umfeld wird jedoch zunehmend schwieriger. Wir werden mit weiteren Maßnahmen gegensteuern.’

Siemens hat sich in einem zunehmend differenzierten Umfeld gut behauptet. Im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres konnte der Konzern (ohne Infineon) den vergleichbaren Gewinn nach Steuern um 9 Prozent steigern. Der Auftragseingang stieg um 17 Prozent auf 21,9 Mrd. EUR, der Umsatz um 8 Prozent auf 19,2 Mrd. EUR. Aufgelaufen ergibt sich für das erste Halbjahr ein Gewinn nach Steuern von 1,141 Mrd. EUR. Das ist ein Plus von 17 Prozent gegenüber einem Umsatzwachstum von 15 Prozent. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Heinrich v. Pierer sagte dazu am Donnerstag auf der Halbjahres-Pressekonferenz in Budapest: "Wir hatten uns vorgenommen, beim Gewinn stärker als beim Umsatz zu wachsen. Für das erste Halbjahr haben wir unser Klassenziel geschafft."
Das konjunkturelle Umfeld, in dem sich Siemens bewege, werde jedoch zunehmend schwieriger. Die breite geographische Aufstellung des Konzerns sowie Aktivitäten mit jeweils unterschiedlichen Branchenzyklen erwiesen sich in dieser Situation als stabilisierendes Element. Insbesondere im Arbeitsgebiet Information and Communications sowie in der Automobiltechnik mache sich die Abschwächung der Konjunktur bemerkbar. Dagegen bewegen sich die Bereiche Power Generation, Transportation Systems und Medical Solutions in einem boomenden Umfeld und seien für weiteres profitables Wachstum gut positioniert. Bezüglich einer Ergebnisprognose verwies Pierer auf die Unsicherheit auf den Märkten: "Ich habe die Operativen Bereiche angewiesen, ihre Pläne dem anhaltend schwierigen Marktumfeld anzupassen und mit weiteren Maßnahmen gegenzusteuern. Auf jeden Fall ist es in dieser Situation angebracht, wenn ich mich bezüglich konkreter Ergebnisaussagen für die beiden nächsten Quartale genauso zurückhalte, wie das eine Reihe von unseren Konkurrenten bereits vorgemacht hat."

Bereiche profitieren von spezifischen Branchenzyklen
In der Entwicklung der Geschäftsbereiche spiegeln sich die spezifischen Branchenzyklen wider. Pierer nannte als Bereiche mit traditionellen Stärken Automation & Drives und Osram. Diese spüren zwar allmählich die Abkühlung der generellen Konjunktur. Sie haben aber durch ihre Innovationspolitik und ein Kostenmanagement mit flexiblen Strukturen die Grundlage gelegt, schwierigere Zeiten auf hohem Ergebnisniveau zu meistern. Von der weltweiten Abschwächung der Märkte besonders betroffen sind das Arbeitsgebiet Information and Communications sowie der Bereich Automotive.

Von spezifischen Marktzyklen, die im Moment sehr erfreulich sind, profitieren die Bereiche Power Generation, Transportation Systems und Medical Solutions. Den bedeutendsten Ergebniszuwachs verzeichnete der Bereich Power Generation (PG). Hier verwies Pierer auf die Turnaround-Qualitäten, die nun voll zum Tragen gekommen seien: die Portfoliopolitik, ein Kostenmanagement verbunden mit einem überzeugenden Standortkonzept sowie das streng margenorientierte Wachstum. Alle wesentlichen Geschäftsgebiete bei PG wurden durch Akquisitionen und Joint-ventures gestärkt und an vorderster Front positioniert. Das EBITA konnte dank der Erfolge der Restrukturierung und eines günstigen Marktumfeldes im zweiten Quartal von 5 auf 129 Mio. EUR gesteigert werden.

Im Bereich Transportation Systems greift die "TS-Initiative" nachhaltig; das EBITA erreichte im zweiten Quartal einen positiven Wert von 38 Mio. EUR (i.V. -12). Als Schlüssel zu diesem Erfolg sieht Pierer die Innovationskraft dieses Bereichs und verwies auf die technischen Meilensteine Transrapid sowie das Triebwagenkonzept für Hochgeschwindigkeitszüge. Hier konnten strategisch bedeutsame Aufträge in China und Spanien gewonnen werden. Den größten Auftrag in der Geschichte des Bereichs TS erhielt Siemens vor wenigen Tagen aus Großbritannien, wo Regionalzüge im Wert von bis zu 2,5 Mrd. EUR geliefert werden.

Der Innovationskurs sowie die Akquisitionen von Shared Medical Systems und Acuson zahlen sich bei Medical Solutions aus. Der Medizintechnikbereich konnte sein EBITA im zweiten Quartal von 103 auf 181 Mio. EUR deutlich steigern und erweist sich mehr und mehr als Ertragsperle des Konzerns.

Maßnahmen im Arbeitsgebiet Information and Communications
Für die Bereiche Information and Communication Mobile (ICM) und Information and Communication Networks (ICN), die von der eingetrübten Branchenentwicklung besonders getroffen wurden, hat der Konzern ein erstes Maßnahmenpaket aufgelegt. Bei ICM werden die Fertigungskapazitäten den deutlich nach unten korrigierten Schätzungen des weltweiten Absatzes von Mobiltelefonen angepasst. Gleichzeitig werden die Fertigungen noch stärker gebündelt. Die Produktion von Mobiltelefonen für den europäischen Markt wird auf Kamp-Lintfort und für den asiatischen Markt auf Shanghai beschränkt. Bocholt wird sich auf die Fertigung von Schnurlos-Telefonen konzentrieren, Leipzig auf die schnurgebundenen Telefone. Im gesamten ersten Halbjahr konnte ICM 16,2 Millionen Mobiltelefone gegenüber 8,7 Millionen Stück im gleichen Zeitraum des Vorjahres absetzen und damit erneut stärker als der Markt wachsen. Im zweiten Quartal konnte ICM 6,9 Millionen Mobiltelefone absetzen und damit erstmals Position 3 im Weltmarkt einnehmen. Allerdings war der Bereich mit einem starken Preisverfall konfrontiert. Dies konnte durch das erfolgreiche Geschäft bei der Mobilfunkinfrastruktur gerade ausgeglichen werden. Der Bereich schloss im zweiten Quartal nur mehr mit einem EBITA von 6 Mio. EUR ab (i.V. 287).

Einbußen im Ergebnis musste auch der Bereich ICN hinnehmen. Hier machten sich die schwierigen Rahmenbedingungen insbesondere in den USA und beim Geschäft mit Firmenkunden bemerkbar. Zwar konnte ICN im Umsatz um 11 Prozent auf 3,1 Mrd. EUR zulegen, das EBITA liegt jedoch auch aufgrund von Investitionen in die Wachstumsfelder Breitbandzugang und Konvergenz mit 50 Mio. EUR unter dem Vorjahresquartal. Um den veränderten Marktbedingungen gerecht zu werden, wurden auch bei ICN erste Korrekturmaßnahmen eingeleitet. Diese betreffen vor allem das Geschäftsgebiet Enterprise Networks. Hier wird über die nächsten 18 Monate ein Abbau von weltweit etwa 3.500 Arbeitsplätzen – schwerpunktmäßig im Vertrieb – vorzunehmen sein. Strategische Fortschritte hat das Geschäftsfeld Breitbandzugang zu verzeichnen. Hier wurde die Akquisition von Efficient Networks mittlerweile abgeschlossen. Vordringliches Ziel ist es jetzt vor allem, in den Wachstumsfeldern der IP-Konvergenz mit den erfolgversprechenden Systemen Surpass und Hipath in größere Volumina zu kommen.

Integration der Atecs-Geschäfte mit höchster Priorität
Das Geschäftsvolumen im Bereich Siemens Automotive liegt aufgrund der nachlassenden Automobilkonjunktur auf Vorjahresniveau. Das Ergebnis in Höhe von -7 Mio. EUR ist zusätzlich durch strategische Innovationsprojekte bei High-Tech-Komponenten belastet. Nach der Genehmigung der Atecs-Akquisition soll die Zusammenführung mit VDO zügig angegangen werden, um einen Marktführer im Wachstumsmarkt der Automobilelektronik zu schaffen. Pierer ist zuversichtlich, dass Siemens "mit VDO eine Größe erreicht, die auch die in dieser Branche außerordentlich aufwändigen Entwicklungsprojekte tragen kann."

Auch beim Bereich Production and Logistics Systems (PL) soll nun die zügige Zusammenführung mit den Geschäftsfeldern der Mannesmann Dematic AG angegangen werden. PL erwirtschaftete in einem durch sich abschwächende Investitionen geprägten Umfeld im zweiten Quartal ein EBITA in Höhe von 31 Mio. EUR. Das Geschäftsvolumen ist insbesondere bei Bestückungs- und Logistiksystemen sowie der Postdienstautomatisierung belastet. Längerfristig sieht Pierer jedoch das Gebiet der Logistikautomatisierung als einen der interessantesten Wachstumsmärkte. Durch die Verschmelzung von PL mit dem Dematic-Systemgeschäft solle ein klarer Marktführer bei E-Fulfillment entstehen.

Infineon-Tranche an Pensionsfonds übertragen
Siemens überträgt im dritten Quartal bis zu 94 Millionen Infineon-Aktien an den Siemens Pensionsfonds. Der Siemens Pensionsfonds verwaltet als eigenständige Gesellschaft das Vermögen, das die Pensionsverpflichtungen der Siemens AG und ihrer inländischen Töchter abdeckt. Nach diesem Übertrag liegen noch rund 56 Prozent der Infineon-Aktien bei der Siemens AG, 15 Prozent beim Siemens Pensionsfonds sowie 29 Prozent im Streubesitz institutioneller und privater Anleger.

Ausblick
Die spezifische Aufstellung des Konzerns sieht Pierer als Vorteil in einem differenzierteren konjunkturellen Umfeld. Regional wie geschäftlich habe Siemens verschiedene Standbeine und könne so härtere Zeiten unbeschadeter überstehen als mancher Konkurrent. Durch fortlaufende Optimierung des Portfolios wolle sich der Konzern weiter auf Wachstumsmärkte konzentrieren. Zugleich sollen Restrukturierungsmaßnahmen für die in einem schwierigeren Umfeld agierenden Bereiche konsequent umgesetzt werden. Pierer: "Erste Schritte sind gemacht. Ich habe die Operativen Bereiche angewiesen, ihre Pläne dem anhaltend schwierigen Marktumfeld anzupassen und mit weiteren Maßnahmen gegenzusteuern. Unsere Maßnahmen auf der Kostenseite werden wirken, teilweise allerdings noch nicht innerhalb von sechs Monaten bis zum Ende unseres Geschäftsjahres. In diesem Zusammenhang werden auch Restrukturierungskosten anfallen." Aufgrund der Herausforderungen, die insbesondere das Arbeitsgebiet Information and Communications zu verkraften habe sowie der allgemeinen Unabwägbarkeiten über den Verlauf der Konjunktur hielt sich Pierer bezüglich einer konkreten Ergebnisaussage für die beiden nächsten Quartale zurück. Pierer: "Für unsere mittelfristigen Ergebnisse gilt aber weiterhin: Wir halten am Ziel der nachhaltigen Steigerung unserer Ertragskraft fest, wie wir es im letzten Dezember mit der Nennung der mittelfristigen EBITA-Margen-Ziele in Aussicht gestellt haben."

Hinweis:
– Die Pressekonferenz, einschließlich Fragen und Antworten, wird live im Internet übertragen. Sie können sich ab 10.00 Uhr unter www.siemens.de/halbjahr/.
– Um 15.00 Uhr findet eine Telefonkonferenz mit dem Vorstandsvorsitzenden Heinrich v. Pierer und dem Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger für Analysten statt. Nach einer kurzen Eingangspräsentation werden Pierer und Neubürger die Fragen von Analysten und Investoren beantworten. Sie haben die Möglichkeit, diese Telefonkonferenz live im Internet zu verfolgen. Bitte wählen Sie sich rechtzeitig unter www.siemens.de unter der Rubrik ‚Investoren’ ein, um eventuell benötigte Software laden zu können.

Dieser Zwischenbericht enthält in die Zukunft gerichtete Aussagen, die auf Annahmen und Schätzungen der Unternehmensleitung von Siemens beruhen. Obwohl wir annehmen, dass die Erwartungen dieser vorausschauenden Aussagen realistisch sind, können wir nicht dafür garantieren, dass die Erwartungen sich auch als richtig erweisen. Die Annahmen können Risiken und Unsicherheiten bergen, die dazu führen können, dass die tatsächlichen Ergebnisse wesentlich von den vorausschauenden Aussagen abweichen. Zu den Faktoren, die solche Abweichungen verursachen können, gehören u.a.: Veränderungen im wirtschaftlichen und geschäftlichen Umfeld, Wechselkurs- und Zinsschwankungen, Einführungen von Konkurrenzprodukten, mangelnde Akzeptanz neuer Produkte oder Dienstleistungen und Änderungen der Geschäftsstrategie. Eine Aktualisierung der vorausschauenden Aussagen durch Siemens ist weder geplant noch übernimmt Siemens die Verpflichtung dazu.

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