Was ist ein Kunde wert?


Lässt sich der Wert eines Kunden oder einer Kundengruppe für ein Unternehmen beziffern? In einer Dissertation am Lehrstuhl für Marketing von Prof. Dr. Hermann Diller hat Jens Cornelsen ein Modell dazu entwickelt, das eine Vielzahl relevanter Größen einbezieht und diese Werte in Geldbeträge „übersetzt“. Verschiedene Faktoren innerhalb des Beziehungsgeflechts werden gewichtet und damit vergleichbar, und dem Management wird ein griffiges Instrumentarium für Vertriebs- und Marketingentscheidungen an die Hand gegeben. Wer Kundenbeziehungen effizient gestalten will, für den verliert ein gebräuchliches Schlagwort an Gültigkeit: nicht immer ist der Kunde König.

Über den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens auf dem Markt gibt die Entscheidung der Käufer den Ausschlag. Kundennähe, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung stehen deshalb mehr denn je im Mittelpunkt nahezu jeder Marketingüberlegung. Falsch verstanden, münden derartige Überlegungen nicht selten in dem Bemühen, sämtliche Kundenbeziehungen aufrechtzuerhalten und jede Fluktuation zu vermeiden. Schon weil Marketing- und Vertriebsbudgets beschränkt sind, wäre es stattdessen sinnvoll, in erster Linie die ökonomisch „wertvollen“ Kunden zufriedenzustellen und an das Unternehmen zu binden.

Voraussetzung ist allerdings, dass der Kundenwert – also der Beitrag eines Kunden oder einer Gruppe zum Erfolg des Unternehmens – bekannt ist. Einzelaspekte, aus denen dieser Wert sich aufbaut, müssen messbar, möglichst sogar monetarisierbar und in ein Gesamtmodell einzugliedern sein. Danach ist zu klären, wie die ermittelten Kundenwerte zur Effizienzsteigerung im Unternehmen genutzt werden können. Beides, die Methodik wie die konkrete Umsetzung im Management, ist Thema der Dissertation.


Maße für Weiterempfehlungen und konstruktive Kritik

In enger Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Kommunikationsforschung (GfK AG) in Nürnberg hat Cornelsen ein eigenes Kundenwert-Modell entwickelt, das in kritischer Abgrenzung zu traditionellen Kundenbewertungsmethoden entstanden ist. In dieses Modell gehen, außer dem auf den Kunden bezogenen Umsatz und dem Kundenerfolg, zusätzliche marketingrelevante Größen ein. Wird die Empfehlung eines Kunden bei weiteren möglichen Abnehmern ins Gewicht fallen, hat er also einen hohen Referenzwert, oder könnte er dem Unternehmen schaden, wenn er potentiellen Käufern abrät? Gibt er brauchbare Rückmeldungen – Lob, konstruktiv aufzugreifende Beschwerden, neue Anregungen – die in einen Informationswert gefasst werden können? Folgt auf den Erstkauf das Interesse an anderen angebotenen Produkten oder Dienstleistungen, lässt sich die Geschäftsbeziehung also durch Cross Selling kontinuierlich ausbauen? Alle wesentlichen Bestimmungsfaktoren werden in Geldwert ausgedrückt und in das Kundenwert-Modell integriert.

Daten aus einer Befragung von 190 Automobilbesitzern liefern die Basis für eine exemplarische Ermittlung von Kundenwerten. Beispielhaft können hier Antworten auf einige praxisrelevante Fragen eingehend erläutert werden: charakteristische Merkmale zur Unterscheidung wertvoller Kunden von solchen, die zum Erfolg des Unternehmens wenig beitragen; unterschiedliche Möglichkeiten, den Kundenkreis in eine Rangfolge zu bringen und Prioritäten zuzuweisen; Offenlegung von Stärken und Schwächen in Kundenbeziehungen mit Hilfe von Kundenwertanalysen. So wird etwa deutlich, wo Defizite liegen – im direkten Kundenkontakt, im Service, im Informationsbereich -, womit sich Anhaltspunkte dafür ergeben, wie sie behoben werden können. Um die Unternehmenseffizienz in Marketing und Vertrieb zu steigern, bietet die Studie neue theoretische Ansätze und zugleich konkrete Hilfestellung an.

——————————————-
Cornelsen, Jens:
Kundenwertanalysen im Beziehungsmarketing. Theoretische Grundlegung und Ergebnisse einer empirischen Studie im Automobilbereich, Diss. Nürnberg 2000,
GIM-Verlag Nürnberg, 417 Seiten, DM 89.-, ISBN 3-933286-02-6

Bestellungen direkt bei der G I M Gesellschaft für Innovatives Marketing e.V., Universität Erlangen-Nürnberg, Postfach 3931, 90020 Nürnberg, Fax: 0911/5302 -210, oder im Buchhandel
———————————————

* Kontakt:
Dipl.-Kffr. Gabriele Brambach, Lehrstuhl für Marketing
Lange Gasse 20, 90403 Nürnberg
Tel.: 0911/5302 -303, Fax: 0911/5302 -210
E-Mail: gabriele.brambach@wiso.uni-erlangen.de

Media Contact

Gertraud Pickel idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Wirtschaft Finanzen

Aktuelle und interessante Meldungen und Entwicklungen aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem bietet Ihnen der innovations-report Berichte aus den Teilbereichen: Aktienmärkte, Konsumklima, Arbeitsmarktpolitik, Rentenmarkt, Außenhandel, Zinstrends, Börsenberichte und Konjunkturaussichten.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer