Ökosystem Tropen: Ameisen schützen Bäume vor Feinden

Enge Verbindung zwischen Pflanze und Ameise: Auf einem Blatt der tropischen Baumart Macaranga winkleri patrouillieren etliche Crematogaster-Arbeiterinnen. Foto: Fiala
Der Artenreichtum in den Tropen stellt die Wissenschaft noch immer vor Rätsel: Wie ist diese biologische Vielfalt entstanden, wie wird sie aufrecht erhalten? Vor diesem Hintergrund erforschen Biologen von der Uni Würzburg, welche Rolle die enge Partnerschaft zwischen Ameisen und Bäumen in den tropischen Ökosystemen spielt.
In den tropischen Regionen der Welt haben sich viele Ameisen auf eine dauerhafte Verbindung mit Pflanzen eingelassen. Meist stellen die Pflanzen den Ameisen Nistraum und Nahrung zur Verfügung. Im Gegenzug schützen die Ameisen ihre Partner effektiv vor pflanzenfressenden Tieren und Konkurrenten.
„Der Schutz durch die Ameisen scheint ein wesentlicher Faktor dafür zu sein, dass diese Pflanzen an tropischen Pionierstandorten überleben können“, sagt Dr. Brigitte Fiala vom Würzburger Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie. Mit Pionierstandorten meint die Biologin Orte, die erst wieder neu von Pflanzen besiedelt werden müssen, also zum Beispiel brach liegende oder gerodete Flächen.
Dr. Fiala untersucht die Entstehung einer Ameisen-Pflanzen-Partnerschaft zusammen mit drei Kollegen. Beteiligt sind der Evolutionsbiologe Dr. Jürgen Gadau von der Würzburger Uni, Prof. Dr. Ulrich Maschwitz, Zoologe aus Frankfurt am Main, und Prof. Dr. Kurt Weising, Botaniker aus Kassel. Das interdisziplinäre Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.
Der Schwerpunkt der Untersuchungen liegt auf der Baumgattung Macaranga aus der Familie der Wolfsmilchgewächse. Zu dieser Gattung gehören einige der bedeutendsten Pionierbäume Südostasiens, die beim Regenerationsprozess des Tropenwalds ein wichtiges Durchgangsstadium für die nachfolgenden Phasen bilden.
Die Gattung Macaranga enthält besonders viele Arten, die mehr oder weniger eng mit Ameisen assoziiert sind: Das Spektrum der Vergesellschaftung reicht von gelegentlichen Besuchen bis hin zum unabdingbaren Zusammenleben. Darum eignet sich das Macaranga-System besonders gut, um die unterschiedlich intensiven Beziehungen zwischen Baum und Ameise unter ökologischen und evolutionsbiologischen Aspekten zu analysieren und zu vergleichen.
Die Forscher wollen herausfinden, welche Rolle die Ko-Evolution bei der Entstehung der Partnerschaft zwischen Macaranga-Arten und Ameisen aus der Gattung Crematogaster gespielt hat. Ko-Evolution bedeutet, dass sich eine Tier- oder Pflanzenart im Verlauf der Erdgeschichte nicht für sich allein, sondern in enger Verbindung mit anderen Arten weiterentwickelt. Dieser Prozess bringt Partner hervor, die mehr oder minder gut aufeinander eingespielt sind.
Um die Eigenschaften, die erst im Verlauf einer Ko-Evolution entstanden sind, von den schon ursprünglich vorhandenen Merkmalen unterscheiden zu können, müssen die Forscher sowohl die Stammesgeschichte der Ameisen als auch der Bäume analysieren. Das tun sie, indem sie spezielle Regionen der Erbsubstanz DNA untersuchen und vergleichen.
Dr. Fiala: „Unsere bisherigen Analysen bei mehr als 30 Macaranga-Arten unterstützen die These, dass die Symbiose, also die Partnerschaft mit Ameisen innerhalb dieser Gattung mehrfach unabhängig voneinander entstanden ist.“ Auf der Basis der untersuchten DNA-Sequenzen soll ein molekularer Stammbaum der an der Symbiose beteiligten Ameisenarten erstellt und dann mit der Stammesgeschichte der Gattung Macaranga verglichen werden.
Ein Hauptaugenmerk gilt den evolutionären Mechanismen, die zur Ausbildung der Symbiose geführt haben, zum Beispiel der Evolution von Merkmalen, die sowohl bei den Ameisen als auch bei den Pflanzen unmittelbar mit dem Zusammenleben der Partner in Verbindung stehen. Die Untersuchungen sollen letzten Endes dazu beitragen, dass man die Rolle der Ameisen-Pflanzen-Partnerschaft für die langfristige Evolution und die Erhaltung der Artenvielfalt in den Tropen besser einschätzen kann.
Weitere Informationen: Dr. Brigitte Fiala, T (0931) 888-4366, Fax (0931) 888-4352, E-Mail:
fiala@biozentrum.uni-wuerzburg.de
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