Markerfreies Verfahren zur Schnelldiagnose von Krebs

Claus Küpper, Frederik Großerüschkamp, Angela Kallenbach-Thieltges und Klaus Gerwert (von links) entwickeln neue Verfahren zur Krebsdiagnose. © RUB, Marquard

Über die Arbeiten berichten die Bochumer Forscher um Prof. Dr. Klaus Gerwert, Dr. Angela Kallenbach-Thieltges, Dr. Frederik Großerüschkamp und Claus Küpper vom Lehrstuhl für Biophysik in der Zeitschrift Scientific Reports der Nature-Gruppe vom 16. Mai 2018.

Schnelle und zuverlässige Messung

Das Potenzial des IR-Mikroskops in Kombination mit bioinformatischer Bildanalyse, kurz IR-Imaging, als diagnostisches Werkzeug zur Klassifizierung von Gewebe hatten die Biophysiker bereits in früheren Studien gezeigt. Im Gegensatz zu herkömmlichen klinischen Schnelldiagnosen, die etwa 20 Minuten dauern, brauchte das sogenannte Fourier-Transform (FT)-IR-Imaging jedoch einen ganzen Tag.

Nun haben die Wissenschaftler den Messaufbau deutlich vereinfacht und die FT-Technik durch die Quanten-Kaskaden-Lasertechnik ersetzt. Bildlich gesprochen wurde dadurch eine diffus abstrahlende schwache Glühbirne gegen fein gebündeltes intensives Laserlicht ausgetauscht.

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Pathologie der Ruhr-Universität, das Prof. Dr. Andrea Tannapfel leitet, werteten sie 120 Gewebeproben von Patientinnen und Patienten mit Dickdarmkrebs mittels IR-Imaging aus. Die Analyse basiert auf selbst entwickelten Algorithmen der Biophysiker, mit denen die IR-Bilder von den Gewebeproben mit dem Computer eingefärbt werden. Die Ergebnisse stimmten zu 97 Prozent mit der klassischen histopathologischen Analyse überein. „Wir konnten die reine Messdauer um den Faktor 160 verkürzen“, beschreibt Frederik Großerüschkamp.

Die Messungen erfolgten zur Kontrolle mit zwei verschiedenen Geräten, und die Analysen führten mehrere Anwender durch, was aber das erzielte Ergebnis nicht beeinflusste. „Die Methode ist nun sehr schnell, zuverlässig und unabhängig von einem bestimmten Gerät oder Nutzer“, sagt Angela Kallenbach-Thieltges. „Das eröffnet neue Wege in der automatisierten Charakterisierung von Gewebeproben direkt am Patienten.“

Unabhängiger vom Faktor Mensch

Künftig will das Team das Verfahren in den klinischen Workflow einbringen. „Die automatisierte Bildanalyse könnte zukünftig als zeitsparendes, möglicherweise sogar in-situ einsetzbares Diagnostikum eingesetzt werden“, gibt die Pathologin Andrea Tannapfel einen Ausblick.

Dickdarmkrebs ist eine der am häufigsten auftretenden Tumorerkrankungen, die bei früher Diagnose noch gut therapierbar ist. „Die Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung auf eine präzisere Therapie, die personalisiert für jeden einzelnen Patienten und damit am Ende auch erfolgreicher ist“, sagt Gerwert.

Förderung

Die Arbeiten wurden im „Pure“-Konsortium durchgeführt, gefördert durch das Land Nordrhein-Westfalen, Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung (Grant-Nummer: 233-1.08.03.03.-031-68079).

Originalveröffentlichung

Claus Küpper, Angela Kallenbach-Thieltges, Hendrik Juette, Andrea Tannapfel, Frederik Großerüschkamp, Klaus Gerwert: Quantum cascade laser-based infrared microscopy for label-free and automated cancer classification in tissue sections, in: Scientific Reports, 2018, DOI: 10.1038/s41598-018-26098-w

Pressekontakt

Prof. Dr. Klaus Gerwert
Lehrstuhl Biophysik
Fakultät für Biologie und Biotechnologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 24461
E-Mail: gerwert@bph.rub.de

Angeklickt

Frühere Presseinformationen zur Krebserkennung mittels IR-Imaging:
http://news.rub.de/presseinformationen/wissenschaft/2017-03-31-diagnose-von-kreb…

http://aktuell.ruhr-uni-bochum.de/pm2013/pm00265.html.de

Media Contact

Dr. Julia Weiler idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Das Mikrobiom verändert sich dynamisch und begünstigt wichtige Funktionen für den Wirt

Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Kieler SFB 1182 untersucht am Beispiel von Fadenwürmern, welche Prozesse die Zusammensetzung des Mikrobioms in Wirtslebewesen steuern. Alle vielzelligen Lebewesen – von den einfachsten tierischen und…

Wasser im Boden – genaue Daten für Landwirtschaft und Klimaforschung

Die PTB präsentiert auf der Woche der Umwelt, wie sich die Bodenfeuchte mithilfe von Neutronenstrahlung messen lässt. Die Bodenfeuchte hat nicht nur Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sondern ist als Teil…

Bioreaktor- und Kryotechnologien für bessere Wirkstofftests mit humanen Zellkulturen

Medizinische Wirkstoffforschung… Viele Neuentwicklungen von medizinischen Wirkstoffen scheitern, weil trotz erfolgreicher Labortests mit Zellkulturen starke Nebenwirkungen bei Probanden auftreten. Dies kann passieren, wenn zum Beispiel die verwendeten Zellen aus tierischem…

Partner & Förderer