Raffinierte Datenanalyse kann Suche nach neuen Medikamenten verkürzen

Neue Wirkstoffe benötigen für den Weg vom Labor in die Apotheke üblicherweise 10 bis 15 Jahre. Aufwendige Datenanalyse-Verfahren, an denen Experten der Grünenthal GmbH und des Forschungszentrums Jülich gemeinsam arbeiten, könnten die Entwicklungszeiten für Medikamente künftig deutlich verkürzen. Denn sie helfen den Pharmaforschern, Erfolg versprechende Arzneimittel-Kandidaten aus der Gesamtheit denkbarer Substanzen herauszufischen.

Theoretisch kommen einige Millionen Substanzen als potenzielle Arzneistoffe in Frage. Ein Teil dieser Substanzen existiert bisher nur auf dem Papier: in Form von Strukturformeln, mit denen Chemiker und Pharmazeuten den Aufbau eines Stoffes beschreiben. Mit herkömmlichen Computerprogrammen lassen sich aus dieser Fülle beispielsweise diejenigen Substanzen herausfiltern, deren Strukturformeln in charakteristischen Teilen mit denen von bekannten Medikamenten übereinstimmen. Das Ergebnis sind in der Regel so genannte „me-too drugs“ Arzneimittel, die ähnlich wirken wie bewährte Arzneimittel.

Wer computergestützt besonders schnell zu tatsächlich neuartigen Medikamenten kommen will, muss andere Wege beschreiten. Deshalb hat die Grünenthal GmbH, Aachen, im Jahr 2000 das Projekt GALA (Grünenthal applied life science analysis) ins Leben gerufen. „Wir arbeiten daran, dass der Computer auf Grund verhältnismäßig einfach erhältlicher Daten dazu zählen beispielsweise chemische Strukturbeschreibungen und physikochemische Werte im Vorhinein die Wirkung von Substanzen auf den Menschen abschätzen kann“, erläutert Dr. Achim Kless, Projektleiter bei Grünenthal. Letztlich soll der Computer den Experten so bei der Beurteilung helfen, welche neuen Substanzen weitere langwierige und teure Tests durchlaufen sollen.

Ausgangspunkt von GALA sind die Datenbanken von Grünenthal, die neben Strukturdaten von mehreren Millionen Stoffen unter anderem auch Ergebnisse von Zellkultur- und Tierversuchen enthalten. Von Projektbeginn an setzte Grünenthal auf das Forschungszentrum Jülich als Kooperationspartner. „Unser Part ist es, statistische Methoden auszuwählen und Rechenvorschriften Algorithmen zu entwickeln, die zur effizienten Analyse der Substanzdaten geeignet sind“, so Dr. Johannes Grotendorst, der das Projekt im Forschungszentrum Jülich koordiniert. Konkret haben die Jülicher Experten in den vergangenen drei Jahren beispielsweise Computerprogramme erstellt, die fehlerhafte Daten automatisch aussortieren und Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Merkmalen eines Stoffes aufdecken.

Außerdem arbeiteten die Wissenschaftler des Zentralinstituts für Angewandte Mathematik (ZAM) und ein Team um Prof. Heiner Müller-Krumbhaar vom Institut für Festkörperforschung an Verfahren, mit denen neue Substanzen in Gruppen mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten eingestuft werden können. „Diese Klassifikation soll künftig mit Hilfe von Methoden der künstlichen Intelligenz erfolgen“, sagt Dr. Wolfgang Meyer, zuständig für die GALA-Aktivitäten des ZAM. Die Wissenschaftler von Grünenthal und vom Forschungszentrum Jülich sind optimistisch, dass sich die jüngst vereinbarte Fortsetzung des GALA-Projekts auszahlen wird: durch eine merklich kürzere Entwicklungszeit für Medikamente, die bisher normalerweise 10 bis 15 Jahre beträgt.

Media Contact

Dr. Renée Dillinger Forschungszentrum Jülich

Weitere Informationen:

http://www.fz-juelich.de

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