Acrylamid: Krebsrisiko durch Essenszubereitung

Dass Acrylamid im Essen Krebs verursachen kann, ist unbestritten. Nicht bekannt ist dagegen, wie hoch die Bevölkerung tatsächlich mit diesem Stoff belastet ist.

Eine Teststudie am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg (Direktor: Prof. Dr. Hans Drexler) an einer Gruppe von 72 Personen hat nun Werte ergeben, die bedenklich stimmen. Für die Untersuchung nutzten die Umweltmediziner unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Angerer ein von ihnen entwickeltes Verfahren. Europaweit ist das Institut in Erlangen fast die einzige Einrichtung, die einen solchen Nachweis führen kann.

Acrylamid, eine mutagene und krebserzeugende Substanz, wurde in erstaunlich großen Mengen in bestimmten Nahrungsmitteln, vor allem in Bratkartoffeln, Chips und Pommes Frites, Keksen und Kaffee gefunden. Die Spitzenwerte betrugen bis zu einigen Milligramm Acrylamid pro Kilogramm. Erst kürzlich hatte die Bundesverbraucherministerin Renate Kühnast eindringlich vor der Gefahr gewarnt, die der Gesundheit droht, wenn zuviel von diesem Stoff aufgenommen wird.

Ungewohnt ist, dass das Acrylamid nicht etwa durch Zusätze „von außen“ in die kontaminierten Nahrungsmittel eingeschleust worden ist. „Die Substanz entsteht im Gegenteil während der Nahrungszubereitung aus natürlichen Inhaltstoffen, beispielsweise aus Zuckern und speziellen Aminosäuren, wie sie in Kartoffeln enthalten sind“, erklärt der Lebensmittelchemiker Thomas Schettgen, der dieses Projekt bearbeitet hat. An der krebserzeugenden Wirkung von Acrylamid ändert das allerdings nichts.

„In dieser Situation ist es unerlässlich, Untersuchungen an repräsentativen Gruppen der deutschen Bevölkerung durchzuführen, um die Acrylamidaufnahme zu erfassen“, lautet die Einschätzung von Prof. Angerer. Für das individuelle Gesundheitsrisiko ist weniger der Anteil an Acrylamid ausschlaggebend, der in Nahrungsmitteln gefunden wird, als die biologische wirksame Dosis, die im menschlichen Körper feststellbar ist. Aus dieser inneren Belastung kann für jeden Menschen auf das zusätzliche Risiko geschlossen werden, an Krebs zu erkranken

Als biologisch wirksame Dosis wird das Reaktionsprodukt von Acrylamid mit Hämoglobin, dem roten Blutfarbstoff, angesehen. Man geht davon aus, dass Moleküle, die an Hämoglobin binden, auch mit der Erbsubstanz DNA reagieren, was der erste Schritt zur chemischen Krebsentstehung ist. Die als Hämoglobin-Addukte des Acrylamid bezeichneten Reaktionsprodukte können außer von den Erlanger Umweltmedizinern nur noch von einer Gruppe in Schweden nachgewiesen werden, die mit dem Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin zusammenarbeitet.

Bei der jüngsten Studie hat sich eine auffallend hohe Dosis an Acrylamid-Addukten im Blut der untersuchten Personen gefunden. Im Vergleich dazu fällt die Belastung mit anderen krebserregenden Substanzen deutlich niedriger aus. Es muss davon ausgegangen werden, dass besondere Lebensumstände und Ernährungsgewohnheiten das Risiko in manchen Fällen noch erheblich steigern.

Informationen:
Prof. Dr. Jürgen Angerer
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Tel.: 09131-8526131
E-amail: angerer@asumed.med.uni-erlangen.de

Media Contact

Gertraud Pickel idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-erlangen.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Physiker Professor Simon Stellmer von der Universität Bonn beim Justieren eines Lasers, der für Präzisionsmessungen eingesetzt wird.

Simon Stellmers GyroRevolutionPlus erhält ERC-Zuschuss von 150 000 € für Katastrophenwarnungen

Europäischer Forschungsrat fördert Innovation aus der Physik an der Uni Bonn „Mit GyroRevolutionPlus verbessern wir die Messgenauigkeit von Ringlaserkreiseln, sogenannten Gyroskopen, mit denen wir langsame und tiefliegende Erdrotationen oder auch…

Unterschiedlich regulierte kleine RNAs aus Blut oder Haut sind mögliche Biomarker, die in Zukunft helfen könnten, Fibromyalgie schneller und besser zu diagnostizieren und damit unter anderem die Stigmatisierung abzubauen.

Objektive Diagnose von Fibromyalgie: Neue Innovationen Erklärt

Prof. Dr. Nurcan Üçeyler und Dr. Christoph Erbacher von der Neurologischen Klinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) haben ihre neuesten Forschungsergebnisse zum Fibromyalgie-Syndrom (FMS) in der Fachzeitschrift Pain veröffentlicht. Sie fanden…

Links: EHT-Bilder von M87* aus den Beobachtungskampagnen 2018 und 2017. Mitte: Beispielbilder aus einer generalrelativistischen magnetohydrodynamischen (GRMHD) Simulation zu zwei verschiedenen Zeiten. Rechts: Dieselben Simulations-Schnappschüsse, unscharf gemacht, um der Beobachtungsauflösung des EHT zu entsprechen.

Die neueste M87-Studie des EHT bestätigt die Drehrichtung des Schwarzen Lochs

Erster Schritt auf dem Weg zu einem Video vom Schwarzen Loch FRANKFURT. Sechs Jahre nach der historischen Veröffentlichung des ersten Bildes eines Schwarzen Lochs stellt die Event Horizon Telescope (EHT)…