"Arbeiten an ESS intensiv fortsetzen"

Stellungnahme zur Empfehlung des Wissenschaftsrates

Auf seiner Sommersitzung vom 10. bis 12. Juli 2002 hat der Wissenschaftsrat eine Stellungnahme zu neun geplanten Großgeräten der Grundlagenforschung veröffentlicht. Dabei gab er „spezifische Empfehlungen“ zur Europäischen Spallations-Neutronenquelle (ESS) ab, für deren Realisierung sich neben anderen europäischen Forschungseinrichtungen auch das Forschungszentrum Jülich einsetzt. Prof. Joachim Treusch, Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums, plädiert für eine differenzierte Analyse der vorgelegten Empfehlungen, in denen die zuständige Unterarbeitsgruppe des Wissenschaftsrates die Notwendigkeit einer leistungsstarken Neutronenquelle betont, den europäischen Charakter der ESS positiv hervorhebt und einen starken deutschen Standortbewerber als unerlässlich ansieht, beim „scientific case“ aber zur Nachbesserung auffordert.

Im Laufe des vergangenen Jahres hatte der Wissenschaftsrat insgesamt neun geplante Großgeräte der Grundlagenforschung begutachtet, darunter im Dezember 2001 auch die ESS, zu der in der nun vorliegenden Stellungnahme spezifische Empfehlungen gegeben werden. Dabei betont die zuständige Unterarbeitsgruppe „die Notwendigkeit einer leistungsstarken Neutronenquelle, wie sie die Europäische Spallationsquelle (ESS) darstellt, um die führende Stellung Europas in der Forschung mit Neutronen zu erhalten und auszubauen.“ Die im Vergleich zu bestehenden Forschungsreaktoren um ein Vielfaches höhere Leistungsfähigkeit der ESS lasse „neuartige Forschungsmöglichkeiten in den Bereichen Festkörperphysik, Chemie, Biologie, Materialwissenschaften und Ingenieurwissenschaften erwarten.“ Die technische Machbarkeit einer auf dem Spallationsprinzip beruhenden Neutronenquelle erachtet die Unterarbeitsgruppe „als grundsätzlich gegeben“ und sieht die ihr bekannten Leistungs- und Auslegungsparameter der ESS als „sinnvoll und schlüssig gewählt“ an.

„Die Unterarbeitsgruppe unterstreicht ausdrücklich den europäischen Charakter der ESS und sieht die geplante Einbeziehung einer Vielzahl von wissenschaftlichen Institutionen aus verschiedenen europäischen Nationen als vorbildhaft für eine institutionelle Umsetzung des europäischen Gedankens in der Wissenschaft an“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Die Unterarbeitsgruppe begrüße den europäischen Standortwettbewerb um die Ansiedlung der ESS und sehe es aufgrund der großen Tradition der Forschung mit Neutronen in Deutschland als eine Unerlässlichkeit an, dass Deutschland mit einem starken Kandidaten vertreten sei.

Die Einschätzung des für die ESS geplanten Forschungsprogramms sei jedoch in der Unterarbeitsgruppe nicht vollkommen einheitlich gewesen, heißt es in der Stellungnahme. Deshalb empfehle die Unterarbeitsgruppe „die wissenschaftlichen Ziele der ESS zu überprüfen und die Arbeiten am Forschungsprogramm weiter intensiv fortzusetzen. „Wir werden uns mit den Kritikpunkten des Wissenschaftsrates auseinander setzen und, wo erforderlich, nachbessern“, sagt Prof. Richard Wagner, Mitglied des Vorstands im Forschungszentrum Jülich. Allerdings sei im Bereich des „scientific case“ seit der Begutachtung des ESS-Projekts im Dezember vergangenen Jahres viel passiert. Die wissenschaftliche Notwendigkeit der ESS sei auf einem Kongress im Mai diesen Jahres in Bonn vor 980 Teilnehmern aus der europäischen Wissenschaft, Industrie und Politik eindrucksvoll dargestellt worden. „Die umfangreichen Forschungsmöglichkeiten, die die ESS erwarten lässt, sind inzwischen auf über 300 Seiten dokumentiert und beim Wissenschaftsrat bereits nachgereicht worden“, so Wagner. „Wir werden alles uns Mögliche tun, um den Wissenschaftsrat bis zum Herbst von der Reife und der wissenschaftlichen Attraktivität des ESS-Projekts zu überzeugen.“

„Darüber hinaus handelt es sich bei der ESS ja ausdrücklich um ein europäisches Projekt“, so Wagner weiter. Erst kürzlich sei ein „Memorandum of Understanding“ (MoU) in Kraft getreten, in dem 15 europäische Forschungslabors die wissenschaftliche Zusammenarbeit und die Finanzierung der Vorarbeiten zur ESS regelten. Auf dem diesjährigen ESS-Kongress in Bonn sei eine technische Machbarkeitsstudie mitsamt einer Kostenschätzung vorgestellt worden, die im Laufe des kommenden Jahres noch verfeinert werden solle. „In dieser Arbeit finden wir uns durch die Empfehlungen des Wissenschaftsrats sehr bestärkt“, so Wagner. Hilfreich sei außerdem die Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen. Zum einen seien bereits Mittel für die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten der ESS geflossen. Zum anderen habe das Land für den Fall der Realisierung der ESS am Standort Jülich eine finanzielle Unterstützung von rund 150 Millionen Euro zugesagt. „Auch politisch haben wir die volle Rückendeckung des Landes“, so Wagner. Am 21. März hatten sich Partei übergreifend alle Fraktionen des Düsseldorfer Landtags für die ESS am Standort Jülich ausgesprochen.

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Annemarie Winkens Pressemitteilung

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