Der Wasserfluss des Amazonas im natürlichen Klimaarchiv
Sauerstoffisotope in Jahrringen sind ein hervorragendes Archiv der Niederschlagsdynamik im tropischen Amazonasgebiet. Die präzise Bestimmung der Verhältnisse der stabilen Sauerstoff-Isotope (18O/16O) erweist sich als neuer Parameter für die Erfassung der Dynamik des Wasserkreislaufs in tropischen Regenwaldgebieten und kann damit die in tropischen Gebieten für hochwertige Rekonstruktionen der Klimaverhältnisse ungeeigneten klassischen Messgrößen, wie Jahrringbreite oder Holzdichte ersetzen.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Gruppe von Forschern des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, der Universitäten von Leeds (Vereinigtes Königreich) und Utrecht (Niederlande), sowie dem Institut de Recherche pour le Développement (IRD, Peru) in der neuen online-Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS).
Die Forscher untersuchten Jahrringe der tropischen Baumart Cedrela odorata aus Bolivien und stellten fest, dass diese die Isotopenzusammensetzung des Regens im Amazonasgebiet konservieren. Da die Isotopenverhältnisse wiederum von der Niederschlagsmenge über dem Amazonasbecken gesteuert werden, geben die Baumringe die Dynamik des Niederschlags der Vergangenheit mit bisher unerreichter Genauigkeit wieder.
Das Amazonasgebiet, das 17mal größer ist als Deutschland, spielt im globalen Klimageschehen eine zentrale Rolle, aber bislang ist wenig über seine klimatische Vergangenheit bekannt. Dies liegt vor allem daran, dass es bislang nur wenige präzise datierbare und zeitlich hochaufgelöste Klimaarchive aus diesen Regionen gibt.
Dr. Gerhard Helle vom Deutschen Geoforschungszentrum GFZ erläutert: “Wir haben mit dem neuen Verfahren ein enorm leistungsfähiges Werkzeug gefunden. Überraschend für uns war, dass die Isotopenanalyse von nur acht Bäumen eines einzelnen Standortes im Bereich des oberen Einzugsgebietes des Amazonas nicht nur Informationen über die lokalen Niederschlagsverhältnisse lieferte, sondern auch über den gesamten Einzugsbereich des Amazonas.“
Etwa ein Fünftel des Landflächenniederschlags fällt im Amazonasbecken, welches durch den weltgrößten Fluss in den Atlantik entwässert wird. Die Sauerstoffisotopenwerte der Jahrringe zeigten eine enge Beziehung zu den Wasserstandsschwankungen des Amazonas und geben deshalb wertvolle Hinweise über die Menge des Regens, der in den südlichen Atlantik geführt wird.
Die untersuchten, etwa 150-jährigen Bäume lieferten sogar eindeutige Nachweise von Extremereignissen. So sticht beispielsweise der durch das Klimaphänomen El Nino im Jahr 1926 hervorgerufene Tiefstwasserstand des Amazonas deutlich aus der Isotopen-Zeitreihe der Jahrringe hervor. Obwohl der aktuelle Datensatz relativ kurz ist, zeigt sich über das 20. Jahrhundert hinweg ein Anstieg der Sauerstoffisotopenwerte, der mit der Beobachtung eines leichten Anstiegs der Abflussraten des Amazonas einhergeht.
„Beides kann sehr wahrscheinlich auf eine Intensivierung des Wasserkreislaufs zurück geführt werden“, analysiert Gerd Helle und blickt in die Zukunft: „Um sicher zu gehen müssen wir allerdings weitere Untersuchungen an zusätzlichen Standorten im Amazonasbecken durchführen. Wir haben unsere jetzige Methode zu einem neuartigen Verfahren der kombinierten Isotopenanalyse von Sauerstoff und Kohlenstoff in Jahrringen weiterentwickelt, die sich mit ihrer hohen zeitlichen Auflösung gut dafür eignet.“
Brienen, R.J.W., Helle, G., Pons, T.L., Guyot, J.L., Gloor, M. :„ Oxygen isotopes in tree rings are a good proxy for Amazon precipitation and El Nino Southern Oscillation”, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America; http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1205977109
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