Wasserfälle im Meer – Science-Studie zu Tiefenströmungen im Nordatlantik
Klimaforscher diskutieren schon seit geraumer Zeit, ob und wie die Tiefenwasser-Pumpe unter veränderten Klimabedingungen funktioniert. In einem Übersichtsartikel für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Science“ fassen 18 Autoren aus aller Welt, darunter der Bremer Geowissenschaftler Stefan Mulitza vom MARUM_Forschungszentrum Ozeanränder, den Stand der Forschungen jetzt zusammen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Wasserfälle im Meer – entgegen früheren Annahmen – während der letzten Eiszeit ähnlich stark waren wie heute.
Allerdings bildete sich das Tiefenwasser damals weiter südlich. Die Forschungsergebnisse dienen dazu, Modelle für zukünftige Klimaszenarien zu entwickeln und sicherere Prognosen für unsere Klimazukunft abzugeben.
Der Golfstrom versiegt und eine neue Eiszeit bricht innerhalb von Wochen über die Nordhalbkugel herein. Soweit das Szenario des Katastrophenfilms „The Day after Tomorrow“. Auch wenn die Zeitspannen im Film alles andere als realistisch sind, so stimmen doch einige der generellen Aussagen. Noch vor nicht allzu langer Zeit gingen Klimawissenschaftler tatsächlich davon aus, dass während der letzten Eiszeit der Golfstrom, genauer die Tiefenzirkulation im Nord-Atlantik stark abgeschwächt war.
Dies erschien auch logisch, da der Golfstrom und seine Ausläufer so viel Wärme in den Nordatlantik transportiert, wie eine Million Großkraftwerke. „Die Forschung der letzten Jahre gezeigt, dass auch während der letzten Eiszeit ähnlich viel Tiefenwasser im Nordatlantik gebildet wurde wie heute. Allerdings zirkulierte diese Wassermasse nur bis in Tiefen von etwa 2.000 Meter, während sie heute wesentlich tiefer reicht“, erklärt Dr. Stefan Mulitza vom MARUM_Forschungszentrum Ozeanränder. „Allerdings war das Wasser insgesamt kälter und damit wohl auch der Wärmetransport geringer. Auch die Tiefenwasserbildung fand weiter südlich statt, mit der Folge, dass die warmen Strömungen nicht so weit nach Norden gelangten wie heute.“
Die Annahme, dass die Tiefenzirkulation während der Eiszeit stark abgeschwächt war, basierte hauptsächlich auf der Beobachtung, dass in dieser Zeit nährstoffreiche antarktische Wassermassen in einer Tiefe vorhanden waren, die heute durch nährstoffarmes Nordatlantisches Tiefenwasser geprägt ist. „Mit neuen Anzeigern, insbesondere dem Verhältnis von den Uranium-Zerfallsprodukten Protactinium und Thorium können wir heute sagen, wie lange bestimmte Wassermassen sich im Nordatlantik aufgehalten haben“, sagt Stefan Mulitza. „Damit ist möglich, nachträglich zu bestimmen, wie hoch die Raten des Wassertransports waren.“
Die jetzt vorgelegte Studie ist nur der Auftakt für ein Projekt, in dem die vorhandenen Klimamodelle mit den jetzt gesammelten Fakten auf ihre Zuverlässigkeit geprüft werden sollen. Zu diesem Zweck ist ein Workshop im April 2008 geplant. „Die zurzeit vorhandenen Klimamodelle zeigen eine große Bandbreite an Zirkulationsmustern für den Atlantik während der letzten Eiszeit, wenn man sie mit den CO2-Gehalten und der Eisbedeckung während der letzten Eiszeit füttert. Von einer stärkerer bis zu einer schwächeren Umwälzrate im Atlantik sind alle Varianten vertreten.“, so Stefan Mulitza. „Wenn die Modelle die Zirkulation während der letzten Eiszeit korrekt wiedergeben, steigert dies unser Vertrauen in ihre Prognosen der zukünftigen Klimaentwicklung.
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Kirsten Achenbach
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Das MARUM_Forschungszentrum Ozeanränder entschlüsselt mit modernsten Methoden die Rolle der Ozeane im System Erde, insbesondere in Hinblick auf den globalen Wandel. Es erfasst die Wechselwirkungen zwischen geologischen und biologischen Prozessen im Meer und liefert Beiträge für eine nachhaltige Nutzung der Ozeane.
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