Auf solidem Fundament

Abb. 1: Bodenpressung bei bis zur Hälfte klaffender Bodenfuge
Eine Windenergieanlage muss viele Jahre lang der Kraft des Windes standhalten. Ihre Komponenten sind von der Rotorblattspitze bis zum Turmfuß entsprechend dieser Anforderungen konstruiert. Jetzt soll das tief im Boden verankerte Fundament noch leistungsfähiger werden.
Windenergieanlagen werden in Deutschland baurechtlich geprüft, genau wie jedes andere Bauwerk vom Leuchtturm bis zur Litfasssäule. Von dieser Prüfung betroffen sind Turm und Gründung mit Fundament, nicht jedoch Gondel und Rotorblätter (separate Prüfung im Rahmen der Anlagen-Zertifizierung). Per Definition im Baurecht wird die Maschine von einem Bauwerk getragen. Ihre komplexe Dynamik wird bei Berechnungen für Fundamente jedoch kaum berücksichtigt.
Die Richtlinie „Windkraftanlagen – Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung“ des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) ist bereits seit 1993 die Basis für Berechnung von Fundamenten in der Windenergie nach deutschem Baurecht (zweite, überarbeitete Auflage 1995). Diese Richtlinie beschreibt mögliche Lastsituationen, Windbedingungen und Baubestimmungen für den Nachweis, dass die Komponenten den Anforderungen genügen. In der DIBt-Richtlinie werden besondere Bedingungen bei Windenergieanlagen berücksichtigt und ergänzende Regelungen formuliert. Für Fundamente von Windenergieanlagen mit ihren speziellen dynamischen Eigenschaften werden weitgehend die gleichen Regelwerke herangezogen, wie sie auch für andere Bauwerke angewendet werden. Sicherheitsbestimmungen, die auf klassische, ruhende Bauwerke abgestimmt sind, werden also nach DIBt auf die Windenergie übertragen.
Nach dem derzeit gültigen Richtlinien und Normenstand ist sowohl unter dynamischen Betriebsbelastungen als auch für seltene Extrembelastungen ein Klaffen der Bodenfuge zulässig. Das bedeutet, dass es Zustände geben darf, bei denen die Sohlplatte eines flachgegründeten Fundaments nicht mit seiner gesamten Fläche aufliegen muss (siehe Abb. 1). Die Bodenfuge ist im Vergleich zu anderen Komponenten der Windenergieanlage sehr schlecht zu inspizieren, ihr Zustand lässt sich bei wiederkehrenden Prüfungen nicht beurteilen und Nachbesserungen sind nahezu ausgeschlossen.
Damit ist die Tragfähigkeit der Gründung nach derzeit gültigem Stand der Richtlinie noch optimierbar. Das bestätigt auch der Statiker Prof. Horst Bellmer von der Bellmer Ingenieurgruppe, Bremen: „Ich habe schon so manches knapp berechnete Fundament in Deutschland gesehen. Fehler, die ich unten beim Bau einer Anlage mache, die kann ich oben nicht wieder gut machen.“
ENERCON hat daher im Sinne eines von der Blattspitze bis zur Gründung gehobenen Sicherheitsniveaus die Anforderungen an die Fundamentauslegung hausintern verschärft. Speziell die dynamische Belastbarkeit des Baugrunds und der besondere Fall klaffender Bodenfugen werden von den ENERCON Konstruktionsingenieuren kritisch betrachtet.
Aus diesem Grund hat ENERCON die Anforderungen an die Fundamentauslegung dahingehend geändert, dass Komponenten nicht überlastet werden. Damit wird das Kippen der Anlage ebenso vermieden wie die Bildung einer Sattellage (Abb. 2). Diese Sattellage kann immer dann entstehen, wenn der Baugrund unter hoher Pressung örtlich nachgibt und daraus folgend das Fundament auf der Rest-Aufstandsfläche kippelt.
Bei einigen Fundamenten für Stahltürme können die geänderten Anforderungen in Ausnahmefällen zu einer Erhöhung der Fundamentmasse von bis zu 50 Prozent führen, bei Fundamenten schwerer Betontürme sind dagegen größtenteils keine Änderungen zu erwarten.
„Die Kosten für ein Fundament machen derzeit drei bis fünf Prozent der Projektkosten aus. Der finanzielle Mehraufwand durch das erhöhte Sicherheitsniveau im Fundamentbau steht in einem durchaus tragbaren Verhältnis zu den Gesamtinvestitionskosten eines Windpark-Projektes“, findet ENERCON Konstruktionsingenieur Torsten Jepsen.
ENERCON hat nun das Ziel, die neu berechneten Fundamente für alle zukünftigen Projekte umgehend einzuführen. Jepsen geht davon aus, dass weitere Hersteller und Projektierer diesem Beispiel folgen werden. Die entsprechenden Richtlinien werden wahrscheinlich in naher Zukunft angepasst.
Die DIBt-Richtlinie gilt zwar nur für Deutschland, ENERCON wird aber mit Blick auf das höhere Sicherheitsniveau die neuen Fundamente auch für ausländische Projekte einsetzen.
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