Wie Krebsstammzellen umprogrammiert werden

Im Bild links ist Beta-Catenin (rot) zu sehen, was auf Krebsstammzellen hinweist. Rechts wurde Beta-Catenin entfernt. Liang Fang / AG W. Birchmeier / MDC

Zwar stammen alle Zellen eines Tumors von einer einzigen, entarteten Zelle ab, doch sind nicht alle gleich. Nur wenige von ihnen behalten die Fähigkeit der ursprünglichen Zelle, einen ganzen Tumor wachsen zu lassen. Diese „Krebsstammzellen“ können in andere Gewebe einwandern und dort tödliche Metastasen bilden.

Um Krebs auszuheilen, müssen all diese Zellen aufgespürt und eliminiert werden, denn wenn welche entkommen, können sie den Tumor neu wachsen und sich im ganzen Körper ausbreiten lassen. Ein in diesem Zusammenhang interessantes Molekül haben jetzt Dr. Liang Fang und seine Kollegen aus der Arbeitsgruppe von Prof. Walter Birchmeier vom Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin (MDC) entdeckt. Das Molekül unterbricht biochemische Signalwege, die bestimmte Krebsstammzellen am Leben erhalten. In der Online-Ausgabe der Zeitschrift Cancer Research stellen die Forscher ihre Arbeit nun vor.

In ihrer Studie konzentrierten sich Fang und seine Kollegen auf den „Wnt-Signalweg“, ein biochemisches Netzwerk der Zelle. Birchmeiers Arbeitsgruppe forscht seit vielen Jahren daran und entdeckte, dass bestimmte Typen von Krebsstammzellen fortwährend über den Wnt-Signalweg stimuliert werden müssen, damit sie überleben und ihre gefährlichen Eigenschaften behalten.

Ein kritischer Bestandteil des Signalwegs ist das Beta-Catenin: ein Molekül, das Wnt-Signale an Gene weiterleitet, die für das Überleben und die Vermehrung von Krebszellen verantwortlich sind. In gesunden Zellen werden diese Gene nie aktiviert, weil Beta-Catenin aus dem Zellkern ausgesperrt wird. Externe Signale lassen Beta-Catenin in den Zellkern wandern und an Transkriptionsfaktoren wie das Protein TCF4 binden, um ganz bestimmte Zielgene zu aktivieren.

Den Forschern kam der Gedanke, dass ein Wirkstoffmolekül die Interaktion zwischen Beta-Catenin und TCF4 möglicherweise unterbrechen kann. Mit dieser Aufgabe trat Liang Fang an die campuseigene „Screening Unit“ heran, einer Partnerschaft zwischen MDC und dem Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP). Diese Einrichtung kann eine „Bibliothek“ aus zehntausenden Substanzen im Hochdurchsatz-Verfahren testen. So fanden die Wissenschaftler eine Substanz namens LF3, die die Bindung der Moleküle stark hemmte.

Im nächsten Schritt wurde die Wirkung auf menschliche Dickdarmtumore geprüft. Dafür wandten sich die Wissenschaftler an die Firma EPO, eine auf dem Campus angesiedelte Ausgründung des MDC. EPO ist spezialisiert darauf, Mausmodelle basierend auf Tumormaterial einzelner Patienten zu züchten und diese an einer Reihe bekannter Medikamente zu testen. Im vorliegenden Fall entwickelten alle Tiere Tumoren – auch wenn ihnen nur eine relativ kleine Anzahl menschlicher Darmkrebs-Stammzellen injiziert wurde.

Anschließend wurden die Tiere mit LF3 behandelt. „Es war ein starker Rückgang des Tumorwachstums zu beobachten“, berichtet Birchmeier. „Was von den Tumoren übrig blieb, schien keine Krebsstammzellen mehr zu enthalten – LF3 hatte also anscheinend bewirkt, dass sich diese Zellen zu gutartigem Gewebe ausdifferenzierten. Gleichzeitig wurde keine der anderen Funktionen des Wnt-Signalwegs gestört. All dies macht LF3 sehr vielversprechend für die Weiterentwicklung als Leitstruktur für die Suche nach Therapien, die auf menschliche Tumoren abzielen, deren Wachstum und Überleben vom Wnt-Signalweg abhängen.“

Literaturhinweis:
Fang L, Zhu Q, Neuenschwander M, Specker E, Wulf-Goldenberg A, Weis WI, von Kries JP, Birchmeier W. A small-molecule antagonist of the β-catenin/TCF4 interaction blocks the self-renewal of cancer stem cells and suppresses tumorigenesis. Cancer Res. 8. Dez. 2015, pii: canres.1519.2015.

DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-15-1519.

http://cancerres.aacrjournals.org/content/early/2015/12/08/0008-5472.CAN-15-1519… (Link zur Studie)
https://insights.mdc-berlin.de/de/2016/01/hacking-bei-programmen-von-krebsstammz… (Reportage-Version des Textes mit Fotos)

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Josef Zens Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft

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