Wie Helicobacter pylori Magenkrebs auslöst
Das Team aus internationalen Wissenschaftlern um Dr. Nicole Tegtmeyer vom Lehrstuhl für Mikrobiologie der FAU hat untersucht, wie die Bakterien die Schutzschicht im Magen zerstören. Diese Schutzschicht besteht aus dicht aneinander liegenden Epithelzellen, die uns vor der Magensäure schützen.
Die Forscher haben nun entdeckt, dass die H. pylori-Bakterien ein sekretiertes Enzym, die Protease HtrA, quasi als Waffe verwenden, um diese Schutzschicht zu durchbrechen: HtrA zerschneidet drei Proteine (Occludin, Claudin-8 und E-Cadherin) und erzeugt einen Durchbruch in die Schicht aus Epithelzellen. So gelangen die H. pylori-Bakterien in tiefere, normalerweise keimfreie Gewebeschichten und richten weiteren Schaden an. Damit beginnt die Entstehung von Magenkrebs.
Auf diesen ersten Schritt folgt jedoch ein noch viel gefährlicherer, wie die Wissenschaftler feststellten. Ein nadelartiger Fortsatz, den man als Typ IV-Sekretionssystem bezeichnet, wird anschließend aktiviert und funktioniert hierbei ähnlich einer „molekularen Spritze“: Sie injiziert über einen rezeptorabhängigen Mechanismus einen bakteriellen Giftstoff, das sogenannte CagA-Protein, an der Unterseite der Wirtszellen.
Das eingeschleuste CagA wiederum programmiert die Wirtszelle so um, dass Krebs entstehen kann. Darüber hinaus beeinflusst das Protein das menschliche Immunsystem und die Entzündung, so dass die Bakterien nicht erkannt und dadurch auch nicht eliminiert werden – ein entscheidender Weg für das dauerhafte Überleben von H. pylori im menschlichen Magen.
Neuer Ansatz für eine Therapie gegen Magenkrebs
Dr. Tegtmeyer geht davon aus, dass diese Befunde wichtige neue Ansatzpunkte für eine anti-bakterielle Therapie aufzeigen, da HtrA und CagA sich hervorragend als neue Wirkstoffziele eignen. Die Arbeitsgruppe hat bereits begonnen, spezifische Hemmstoffe gegen HtrA zu testen. „Wir hoffen, dass entsprechende Wirkstoffe eine Infektion entweder komplett verhindern oder die CagA-Injektion unterbinden“, erläutert Tegtmeyer.
Die Veröffentlichung ist das Resultat einer mehrjährigen Forschungsarbeit mit Prof. Dr. Silja Wessler von der Universität Salzburg und Prof. Dr. Steffen Backert am Lehrstuhl für Mikrobiologie der FAU, die durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Schaltzellen zur Auflösung von Entzündung“ (SFB1181/TPA04) und DFG TE 776 3-1 gefördert und in einer Kooperation mit weiteren Arbeitsgruppen aus Deutschland, Italien, Portugal und der Schweiz durchgeführt wurde.
Die Ergebnisse haben die Wissenschaftler in der renommierten Fachzeitschrift Cell host & microbe (doi: 10.1016/j.chom.2017.09.005) veröffentlicht.
Weitere Informationen für die Medien:
Dr. Nicole Tegtmeyer
Tel.: 09131/85- 28988
nicole.tegtmeyer@fau.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.fau.de/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.
Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.
Neueste Beiträge
Neue Sensorkonzepte dank integrierter Lichtwellenleiter aus Glas
Auf hoher See und in der Hochleistungs-Elektronik. In Glas integrierte Lichtleiter haben das Potenzial, die Messqualität von Sensoren für Forschung und Industrie deutlich zu verbessern. Im Projekt „3DGlassGuard“ arbeitet ein…
Regenerative Kraftstoffe: Baukasten für die Verkehrswende
Vor etwa zehn Jahren wurde an der Hochschule Coburg der Diesel-Kraftstoff R33 entwickelt – der Name steht für einen Anteil von 33 Prozent erneuerbarer Komponenten. Dieses Potenzial wurde nun mit…
‚Starke‘ Filter – Neuartige Technologie für bessere Displays und optische Sensorik
Studie zeigt, wie ein quantenmechanisches Prinzip der starken Kopplung bislang unerreichte Möglichkeiten zur Konstruktion optischer Filter eröffnet: Sogenannte „Polaritonfilter“ eröffnen revolutionäre Wege in der Bildgebung. Publikation in „Nature Communications“. Einem…