Neue Forschungsansätze durch Nanobodies

Antikörper und Nanobody – ein Vergleich.<br>Illustration: David S. Goodsell, RCSB Protein Data Bank<br>

Die Forschungsgruppe von Prof. Markus Affolter am Biozentrum der Universität Basel hat erstmals eine Methode entwickelt, mit der sich Nanobodies zur gezielten Beeinflussung und Steuerung von Proteinfunktionen im Körper einsetzen lassen. Die Forschungsergebnisse, die nun in der US-Zeitschrift Nature Structural and Molecular Biology veröffentlicht werden, können auch neue Möglichkeiten zur Behandlung schwerer Krankheiten liefern.

Während der Einsatz von Antikörpern in Forschung und Wissenschaft sowie im Rahmen medikamentöser Therapien bereits zur Routine geworden ist, finden sogenannte Nanobodies, kleinste Antikörperfragmente aus Kamelen, bislang in der Wissenschaft nur wenig Anwendung. Der Forschungsgruppe von Markus Affolter am Biozentrum der Universität Basel ist es nun gelungen, einen Nanobody, der gegen GFP (Green Fluorecent Protein) gerichtet ist, so zu funktionalisieren, dass er erfolgreich in der Grundlagenforschungsarbeit eingesetzt werden kann.

Dank dessen Eigenschaft, GFP Fusionsproteine abzubauen, konnten die Forschenden den Einfluss des Nanobodies auf die Proteinfunktion im lebenden Organismus verfolgen. Als Modell zur Untersuchung ihrer Methode diente die Fruchtfliege Drosophila. Die Forschungsergebnisse sind insofern von Bedeutung, als sich zukünftig mithilfe von Nanobodies Proteinfunktionen im lebenden Organismus schneller und gezielter untersuchen und steuern lassen als mit herkömmlichen Methoden.

Nanobody vs. Antikörper
Proteine im Zellinneren künstlich durch Antikörper zu inaktivieren, ist normalerweise nicht möglich, da Antikörper aus einer Kette von tausend Aminosäuren bestehen und in Zellen weder eintreten noch darin funktionieren. Nanobodies haben lediglich eine Grösse von etwa 100 Aminosäuren. Diese stark reduzierte Grösse und ihre Eigenschaft, sich im Zellinneren zu funktionsfähigen Proteinen zu falten, machen Nanobodies für die Grundlagenforschung so interessant.

Obwohl sie sich ebenso wie Antikörper zur Blockierung von Proteinfunktionen einsetzen lassen, fanden Nanobodies in der Wissenschaft bislang keine grosse Beachtung. Durch ein genetisch gesteuertes Verfahren hat Emmanuel Caussinus aus Affolters Forschungsgruppe nun eine Methode entwickelt, mit deren Hilfe sich Nanobodies an andere Funktionen koppeln lassen, die es erlauben, Proteine in lebendigen Lebewesen durch die künstlich hergestellten GFP-Nanobodies gezielt zu steuern und zu regulieren. Nanobodies könnten nun für die Forschung, aber auch zu Therapiezwecken immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Therapiemöglichkeiten durch Nanobodies
Proteine sind ein Hauptbestandteil aller Lebewesen und halten sämtliche Lebensfunktion im Körper aufrecht. Fehlerhafte Proteine können zu Krankheiten führen. Als Immunantwort setzt der Organismus seine im Körper hergestellten Antiköper ein, um solch pathogene Eindringlinge zu bekämpfen. Sie sind zentraler Bestandteil des Immunsystems und können die fehlerhaften Proteine nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip gezielt ausschalten.

In der Medizin werden vielfach auch synthetisch hergestellte Antikörper eingesetzt, um so Krankheiten wie Asthma, Rheuma oder Krebs zu behandeln. Die Herstellung solcher Antikörper ist jedoch ein höchst aufwendiges und teures Verfahren. Nanobodies könnten den Einsatz solch synthetisch hergestellter Antikörper zukünftig nicht nur in der Forschung, sondern auch bei der Therapie von Krankheiten langfristig ablösen. Ihr Einsatz könnte zudem Therapien ermöglichen, die auf die Regulierung von zellinternen Proteinen abzielen, eine Anwendung, die mit konventionellen Antikörpern nicht möglich ist.

Originalbeitrag
Emmanuel Caussinus, Oguz Kanca & Markus Affolter
Fluorescent fusion protein knockout mediated by anti-GFP nanobody
Nature Structural & Molecular Biology, Published online 11 December 2011 | doi: 10.1038/nsmb.2180
Weitere Informationen
Prof. Dr. Markus Affolter, Biozentrum der Universität Basel, Klingelbergstrasse 50/70, 4056 Basel. Tel. +41 61 267 20 72, E-Mail: markus.affolter@unibas.ch

Media Contact

Reto Caluori Universität Basel

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wolken bedecken die Nachtseite des heißen Exoplaneten WASP-43b

Ein Forschungsteam, darunter Forschende des MPIA, hat mit Hilfe des Weltraumteleskops James Webb eine Temperaturkarte des heißen Gasriesen-Exoplaneten WASP-43b erstellt. Der nahe gelegene Mutterstern beleuchtet ständig eine Hälfte des Planeten…

Neuer Regulator des Essverhaltens identifiziert

Möglicher Ansatz zur Behandlung von Übergewicht… Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen…

Maschinelles Lernen optimiert Experimente mit dem Hochleistungslaser

Ein Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der Extreme Light Infrastructure (ELI) hat gemeinsam ein Experiment zur Optimierung…

Partner & Förderer