Neue und alte Geißeln der Menschheit

Saarländisches Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT entwickelt alternative antimikrobiell wirksame Verfahren für die Isolation und Diagnostik sowie für die Bekämpfung und Inaktivierung bakterieller, fungaler und viraler Keime und Erreger.

Im Mai 2011 diagnostizierte das Berliner Robert-Koch-Institut, das seit der Abschaffung des Bundesgesundheitsamts im Jahre 1994 für die Dokumentation und die Überwachung von meldepflichtigen Erkrankungen und Epidemien zuständig ist, aus den blutigen Durchfällen von Patienten einen in Deutschland neuen aggressiven Darmkeim. Dies markierte einen in Deutschland noch nie dagewesenen Beginn einer durch eine Variante von Escherichia coli, einem eigentlich trivialen Darmkeim, ausgelösten bakteriellen Epidemie durch eine Stammvariante von EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli), das Isolat O104:H4 alias HUSEC041.

Die im Zuge dieser Epidemie und retrospektiv erneut verstärkt geführte Diskussion um Antibiotikaresistenzen und eine notwendige alternative Bekämpfung von bakteriellen Erregern ist schon seit geraumer Zeit Gegenstand der Forschungsaktivitäten des Fraunhofer IBMT, das sich dieser Problematik seit Jahren angenommen hat.

Neben gentechnisch basierten Verfahren arbeitet eine Arbeitsgruppe des Fraunhofer IBMT am Standort Potsdam-Golm bereits seit 2009 in Verbindung mit mittelständischen Unternehmen (KMU) der Region an antimikrobiell wirksamen Peptiden (kurze Eiweißmoleküle) für die Isolation und Diagnostik, als auch für die Bekämpfung und Inaktivierung bakterieller, fungaler und viraler Keime bzw. Erreger.

Diese Forschungsprojekte werden durch die Finanzierung des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie der EU in Verbindung mit dem Land Brandenburg gefördert und umfassen ein Gesamtforschungsvolumen von knapp 1,9 Millionen Euro.

Von natürlicherweise und ubiquitär vorkommenden antimikrobiellen Peptiden hat das Fraunhofer IBMT im Verlauf der Forschung eine Anzahl geeigneter Peptide selektiert und modifiziert, die in der Lage sind Bakterien und Pilze wirksam abzutöten. Dies ist sowohl in gelöster Form, also in Flüssigkeiten, als auch aufgebracht auf entsprechende Oberflächen möglich. Die antibakterielle Wirkung konnte im Verlauf der Projekte bereits an unterschiedlichen Gram-positiven und Gram-negativen Bakterien und Pilzen aufgezeigt werden. Durch ihren biologischen Ursprung und ihre Struktur als Eiweißstoff (Protein) sind diese Peptide biologisch leicht abbaubar und verträglich. Das bedeutet, dass diese kurzen antibakteriell wirksamen Eiweißmoleküle auch auf Lebensmittel aufgebracht eine schützende Wirkung erzielen, ohne den Verzehr beispielsweise eines Apfels in irgendeiner Form zu beeinträchtigen – geschmacksneutral und ungiftig für Mensch und Tier.

Ziel der Forschung ist es, ein universell einsetzbares »Desinfektionsmittel« zu entwickeln, das lebensmittelneutral und unter Umgehung bestehender Antibiotikaresistenzen vor Infektionen durch pathogene Erreger schützt.

Projektpartner
Freie Universität Berlin, Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen
ILBC (Internationales Laboratorium für Biotechnologie und Consulting) GmbH, Potsdam
CONGEN Biotechnologie GmbH, Berlin
InVivo Biotech Services GmbH, Hennigsdorf
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Frank F. Bier
Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT
Standort Potsdam-Golm
Telefon: +49 (0) 331 / 58187-200
E-Mail: frank.bier@ibmt.fraunhofer.de

Media Contact

Barbara Hartmann healthcare.saarland.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wolken bedecken die Nachtseite des heißen Exoplaneten WASP-43b

Ein Forschungsteam, darunter Forschende des MPIA, hat mit Hilfe des Weltraumteleskops James Webb eine Temperaturkarte des heißen Gasriesen-Exoplaneten WASP-43b erstellt. Der nahe gelegene Mutterstern beleuchtet ständig eine Hälfte des Planeten…

Neuer Regulator des Essverhaltens identifiziert

Möglicher Ansatz zur Behandlung von Übergewicht… Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen…

Maschinelles Lernen optimiert Experimente mit dem Hochleistungslaser

Ein Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der Extreme Light Infrastructure (ELI) hat gemeinsam ein Experiment zur Optimierung…

Partner & Förderer