Wie Krebszellen dem Tod entgehen

Ziel ist es, herauszufinden, wie sich diese Resistenz durchbrechen lässt, um Krebs besser behandeln zu können.

Der programmierte Zelltod schützt den Körper davor, dass Zellen mit geschädigtem Erbgut zur Gefahr für den gesamten Organismus werden. Bei Krebszellen versagt dieser als Apoptose bezeichnete Schutz jedoch häufig, sie werden resistent gegenüber Signalen, die ihnen den Befehl zur Selbsttötung geben. Das ist besonders fatal, da die Wirkungsweise vieler Chemotherapien darauf beruht, Apoptose auszulösen.

Daher untersuchen Krebsforscher, wie sich die Apoptoseresistenz im Zuge der Krebsentstehung entwickelt und wie sie sich durchbrechen lässt. „Für die erfolgreiche Behandlung von Krebs ist das Verständnis der Resistenz gegen Apoptose und gegen Chemotherapie zentral“, sagt Professor Dr. Peter Lichter aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum, einer der beiden Sprecher des Virtuellen Instituts.

Die beteiligten Wissenschaftler haben die Chronisch Lymphatische Leukämie (CLL), den häufigsten Blutkrebs bei Erwachsenen, als Modellsystem ausgewählt. „Unsere Kooperationspartner haben sehr viel Erfahrung mit dieser Erkrankung. Außerdem gehen wir davon aus; dass sich die an der CLL gewonnenen Ergebnisse auch auf andere Krebsarten übertragen lassen“, erklärt Privatdozent Dr. Daniel Mertens von der Universität Ulm, der zweite Sprecher des Forschungsverbunds.

In dem neuen Virtuellen Institut erforschen Wissenschaftler zum einen die Signale, die Krebszellen mit den Geweben ihrer Umgebung austauschen. Zum anderen durchsuchen die Forscher das gesamte Erbgut der Leukämiezellen nach Sequenzveränderungen der Gene und nach chemischen Modifikationen einzelner Genbausteine, die die Genaktivität verändern. Mit diesen Forschungsansätzen wollen sie neue Zielmoleküle identifizieren, die für die Apoptoseresistenz charakteristisch und die als Angriffspunkte für verbesserte Medikamente geeignet sind. Gleichzeitig werden die Forscher große Substanzbibliotheken nach Wirkstoffen durchsuchen, die die neu entdeckten Zielmoleküle spezifisch blockieren können.

Neben dem Deutschen Krebsforschungszentrum sind Wissenschaftler aus dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, den Universitäten Duisburg, Essen, Ulm und Würzburg sowie aus England und Dänemark am neuen Virtuellen Institut beteiligt.

Mit dem Förderinstrument der „Virtuellen Institute“ unterstützt die Helmholtz-Gemeinschaft die Vernetzung insbesondere mit Hochschulen, aber auch mit anderen Partnern im Wissenschaftssystem. Das Ziel ist, einen unbürokratischen Rahmen zu schaffen, in dem die Wissenschaftler gemeinsam Forschungsvorhaben mit großem Potential vorantreiben können. Das Virtuelle Institut, das zum 1. August 2011 an den Start geht, wird über fünf Jahre mit insgesamt 3.65 Millionen Euro gefördert.

Legende: Leukämiezellen, in deren Zellkern sich lediglich ein rotes Signal findet, haben einen Teil des Chromosoms 17 verloren. Das führt zu Resistenz gegen Chemotherapie und Zelltod.

Quelle: Daniel Mertens, Universität Ulm und Deutsches Krebsforschungszentrum

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Ansätze, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Daneben klären die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.

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Dr. Stefanie Seltmann idw

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