Forscher der Universität Hamburg entdecken Mechanismus zur Verdopplung von Pflanzengenomen

Prof. Dr. Arnd Schnittger vor einem Kulturschrank mit Exemplaren der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). UHH/Nicolai

Genomverdoppelungen, die zweifache Weitergabe des Erbguts beider Eltern von einer Generation zur nächsten, sind bei Pflanzen weit verbreitet und spielen wahrscheinlich bei deren Evolution eine wichtige Rolle. Zum Beispiel können sich dadurch schnell neue Eigenschaften entwickeln.

„Die Doppelungen bringen verschiedene Vorteile, die auch die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen erleichtern oder neue Arten entstehen lassen können. Die Pflanzenzucht nutzt die Genomverdoppelung, etwa um robustere oder ertragreichere Pflanzen zu erzeugen“, erklärt Prof. Dr. Arp Schnittger, Entwicklungsbiologe an der Universität Hamburg und Sprecher des Hamburger Forschungsverbunds „Hybride – Chancen und Herausforderungen von neuen genomischen Kombinationen“.

In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Developmental Cell“ beschreibt Prof. Schnittger zusammen mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Shinichiro Komaki den Auslöser für eine Genomverdoppelung in der Wurzel der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), eine der am besten erforschten Modellpflanzen für diese Untersuchungen: Wird die Zellteilungsmaschinerie gestört, versuchen die Pflanzen in der Mitose-Phase der Zellkernteilung nur etwa zwei Stunden lang, den Zellteilungsprozess erneut in Gang zu setzen.

Danach verdoppeln sie ihre Chromosomen. Bei Tieren kann die Wartephase mehr als 20 Stunden dauern, und die meisten Zellen sterben dabei ab. „Der schnelle und aktive Ausstieg aus der Zellteilung hat uns sehr erstaunt“, sagt Prof. Schnittger. „Möglicherweise hat er sich als großer Gewinn in der Evolution der Pflanzen erwiesen.“

Im Forschungsverbund „Hybride – Chancen und Herausforderungen von neuen genomischen Kombinationen“, der von Hamburger Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung (BWfG) gefördert wird, untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hamburg, des Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) und des Climate Service Center Germany (GERICS), ob Genomänderungen insbesondere bei der Hybridbildung – der Kreuzung zweier Arten – bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgen.

Mit diesem Wissen lässt sich beurteilen, ob hieraus Vorteile für die natürliche Anpassung etwa an den Klimawandel und mögliche Potenziale für die biotechnologische Nutzung erwachsen können. Neben Arabidopsis stehen dabei auch Pappel- und Schlickgras- sowie Schnecken-, Fisch- und Lemuren-Arten im Fokus der Forscherinnen und Forscher.

„Die Organismen sind so ausgewählt, dass wir zentrale Fragen der Hybridforschung an je einer Pflanzen- und einer Tierart untersuchen können“, erklärt Prof. Schnittger. „Ausgehend von der Hybridverbreitung und einer Untersuchung der genomischen Bedingungen für wichtige biologische Funktionen sollen die Grundlagen für die Leistungsfähigkeit von Hybriden und schließlich die Genome selbst analysiert werden.“

Seine eigenen Untersuchungen zur Ackerschmalwand möchte Prof. Schnittger nun auf die Meiose ausweiten – eine Reduktionsteilung, die wichtig für die Bildung von Geschlechtszellen ist. „Genomveränderungen in der Meiose betreffen alle Zellen in der nachkommenden Generation. Zudem scheint es so zu sein, dass verschiedene Kontrollmechanismen, die außerhalb der Meiose wirken, bei Pflanzen außer Kraft gesetzt sind. Damit kommt der Meiose eine besonders wichtige Rolle bei der Genom-Evolution zu.“

Link zum Original-Artikel:

Komaki, Shinichiro and Schnittger, Arp (2017): The spindle assembly checkpoint in Arabidopsis is rapidly shut off during severe stress. Developmental Cell 44, DOI: 10.1016/j.devcel.2017.09.017.

http://www.cell.com/developmental-cell/fulltext/S1534-5807(17)30770-0

Für Rückfragen:

Prof. Dr. Arp Schnittger
Universität Hamburg
Fachbereich Biologie
Biozentrum Klein Flottbek
Tel.: +49 40 42816-502
E-Mail: arp.schnittger@uni-hamburg.de

Media Contact

Birgit Kruse idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-hamburg.de/

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