Forscherteam klärt Proteineinbau in innere Mitochondrienmembran
Ein Team aus Bochumer (Prof. Dr. Helmuth E. Meyer, Medizinisches Proteomcenter der RUB), Osnabrücker, Frankfurter und Freiburger Forschern hat aufgeklärt, wie Proteinketten in die innere Membran von Mitochondrien eingebaut werden.
Der Prozess läuft über ein doppelporiges Enzym und wird ausschließlich durch elektrische Energie aus dem Membranpotential angetrieben. Darüber berichtet das Wissenschaftsmagazin Science in seiner Ausgabe vom 14. März 2003.
Der TIM22 Komplex baut über eine Doppelpore Proteine in die innere Mitochondrienmembran ein. Antrieb dieses Vorgangs ist das elektrische Membranpotential.
Auf dem Weg durch die Membranen
Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle. Hier wird die einheitliche Energiewährung für alle Zellfunktionen, das ATP, gebildet. Dafür ist ein spezieller Aufbau dieser Zellorganellen notwendig. So besitzen Mitochondrien z. B. zwei Membranen (äußere und innere) und einen dazwischenliegenden Intermembranraum. Mitochondriale Proteine werden größtenteils von Genen des Zellkerns kodiert und außerhalb der Mitochondrien gebildet. Sie müssen also über die äußere Membran, den Intermembranraum sowie in oder über die innere Mitochondrienmembran transportiert werden. Der Transport mitochondrialer Proteine wird durch bestimmte Enzyme, sog. Translokasen, vermittelt, welche die Proteine anhand von Signal-Sequenzen erkennen, binden und schließlich über oder in die innere Membran transportieren.
TIM22 hilft
Eine dieser Translokasen ist der sog. Protein-Insertions-Komplex TIM22, der aus insgesamt sechs verschiedenen Proteinen besteht, von denen eine Proteinuntereinheit eine Pore bildet, die vom elektrochemischen Potential über der inneren Membran gesteuert wird. Der TIM22 Komplex transportiert solche Proteine, die die innere Membran mehrfach durchspannen. Seine Beteiligung am Einbau von Proteinen in die innere Mitochondrienmembran ist seit längerem bekannt, doch gab es bislang noch keinen Hinweis darauf, wie dieser Prozess abläuft und welchen Einfluss das elektrische Membranpotential auf den Insertionsablauf ausübt.
Reinigen, analysieren und verstehen
Dr. Peter Rehling aus der Arbeitsgruppe von Prof. Nikolaus Pfanner (Institut für Biochemie und Molekukarbiologie der Universität Freiburg) ist es nun gemeinsam mit der Gruppe von Prof. Dr. Richard Wagner (Universität Osnabrück), Prof. Dr. Werner Kühlbrandt und Dr. Kristin Model (Max Planck Institut für Biophysik, Frankfurt) und Prof. Dr. Helmuth E. Meyer und Dr. Albert Sickmann (Medizinisches Proteom-Center der RUB) gelungen, den gesamten TIM22 Komplex aufzureinigen, zu analysieren und entscheidende Fortschritte im Verständnis zum Ablauf des Proteineinbaus in die innere Mitochondrienmembran zu erreichen.
Einbau in drei Schritten
Die Forscher konnten den gereinigten TIM22 Komplex in eine künstliche Membran einbauen. Elektrophysiologische Untersuchungen zeigten, dass sich der TIM 22 Komplex wie zwei miteinander gekoppelte Membrankanäle verhält. Elektronenmikroskopische Untersuchungen bewiesen, dass die Struktur des Komplexes aus einer Doppel-Pore besteht. Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler durch Veränderung des Membranpotentials zeigen, dass der Einbau von Proteinen in die innere Mitochondrienmembran durch den TIM22 Komplex in drei Schritten erfolgt: Zunächst bindet die Translokase das einzubauende Protein; dieser Vorgang läuft unabhängig vom Membranpotential ab. Daraufhin erfolgt eine Membranpotential-abhängige Einfädlung des einzubauenden Proteins in den TIM22 Komplex. Ein hohes Membranpotential und der Kontakt mit Signalen im transportierten Protein aktivieren den Kanal und vermitteln im dritten Schritt den Einbau des transportierten Proteins in die Membran. Die einzige externe Energiequelle für diesen Prozess ist dabei das Membranpotential.
Tiefer Einblick in die Vorgänge in Zellen
Die Ergebnisse dieser Arbeit geben einen tiefen Einblick in den Mechanismus des Proteinimports von Membranproteinen in die innere Mitochondrienmembran. Die Arbeit wurde gefördert von der DFG, dem Fonds der Chemischen Industrie und dem BMBF.
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http://www.sciencemag.org/cgi/content/full/299/5613/1747Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
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