Kommunikation durch Zellwände: Synthetisches Rezeptorsystem ahmt biologische Signalübertragung nach
Lebende Organismen sind aus einzelnen Zellen aufgebaut, die durch eine Lipid-Membran von ihrer Umgebung abgetrennt sind. Für ein sinnvolles Miteinander müssen sich diese Zellen untereinander verständigen. Hormone beispielsweise sind Botenstoffe, die Informationen innerhalb des Körpers weiterleiten
Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, dass die Botenstoffe in das Zellinnere gelangen, um ihre Botschaft „abzugeben“, die Kommunikation kann auch – sozusagen wie ein Klopfzeichen – durch die Zellwand erfolgen.
Einem britischen Forschungsteam um Christopher A. Hunter und Nicholas H. Williams von der Universität Sheffield ist es gelungen, ein solches Signalübertragungssystem mit relativ einfachen chemischen Verbindungen nachzubauen. Der künstliche Signalüberträger funktioniert nach folgendem Prinzip: Synthetische Rezeptoren werden in die Membran von künstlichen Vesikeln eingebettet. Ein Vesikel ist ein membranumschlossenes Flüssigkeitsbläschen. Die Rezeptoren bestehen aus stäbchenförmigen Molekülen mit einer reaktiven Kopfgruppe an beiden Enden, die aus der Membran herausragen. Bei der Hälfte der Rezeptoren ist an die ins Vesikelinnere weisende Kopfgruppe ein kleines Farbstoff-Molekül angekoppelt. Nun wird der Botenstoff zugeführt. Er bewirkt, dass die auf der Vesikeloberfläche befindlichen Kopfgruppen von je zwei Rezeptormolekülen miteinander reagieren und diese so zu einem Dimer verknüpfen. Dadurch kommen sich auch die beiden Kopfgruppen der Rezeptorpaare auf der Innenseite der Vesikel sehr nahe – nah genug, um nun ihrerseits miteinander reagieren zu können. Unter den Bedingungen im Vesikelinneren kann jedoch nur eine Kopplungsreaktion zwischen einer Kopfgruppe mit und einer Kopfgruppe ohne Farbstoff-Molekül stattfinden. Dabei wird der Farbstoff abgespalten und ins Vesikelinnere freigesetzt – als Antwort des Rezeptorsystems auf den äußeren Botenstoff. Dies könnte nun prinzipiell weitere Schritte einer Signalkaskade in Gang setzen.
Das Prinzip der auf ihre Umgebung reagierenden Vesikel könnte genutzt werden, um „intelligente“ Transportsysteme für pharmakologische Wirkstoffe zu entwickeln. So könnte beispielsweise die inaktive Vorstufe eines Medikamentes in Vesikel verpackt injiziert werden. Ein nur im Zielorgan oder nur in krankem Gewebe vorkommender Botenstoff könnte dann eine katalytische Reaktion innerhalb der Vesikel auslösen, die dann erst die Vorstufe zum aktiven Wirkstoff umsetzt. Beim Freisetzen des Vesikelinhalts erhalten gesunde Zellen entsprechend nur die inaktive Substanz und werden nicht geschädigt, kranke Zellen dagegen erhalten das wirksame Medikament.
Kontakt:
Prof. C. A. Hunter,
Dr. N. H. Williams
Centre for Chemical Biology
Krebs Institute for Biomolecular Science
Department of Chemistry
University of Sheffield
Sheffield S3 7HF UK
E-mail: C.Hunter@Sheffield.ac.uk
N.H.Williams@Sheffield.ac.uk
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