Saarbrücker Visualisierungstechnik auf weltgrößter Computergraphik-Messe: Echtzeit-Ray-Tracing läuft auf Cell-Processor

Sven Woop erhält auf Siggraph 2005 den mit 25.000 Dollar dotierten Nvidia-Forschungspreis für sein Echtzeit-Ray-Tracing-Chip – Messestand der Saarbrücker Computergraphiker und Partnern aus der Wirtschaft – Neues Plugin für Hollywood-Filmindustrie

Das Echtzeit-Ray-Tracing, eine interaktive Visualisierungstechnik, die am Saarbrücker Lehrstuhl für Computergraphik unter Leitung von Professor Philipp Slusallek entwickelt wurde, stößt auf großes internationales Interesse. Auf der weltweit größten Computergraphik-Messe, der Siggraph in Los Angeles (31. Juli bis 4. August 2005), wird das Verfahren erstmals auf dem neuen Cell-Prozessor von IBM, Sony und Toshiba präsentiert werden. Außerdem wird Sven Woop, Doktorand am Lehrstuhl für Computergraphik, den mit 25.000 Dollar dotierten Nvidia-Forschungspreis überreicht bekommen. Beeindruckt hatte Woop die Jury mit der Entwicklung des ersten Graphikchips für das Echtzeit-Ray-Tracing. Der Chip könnte dazu führen, dass in Zukunft Computerspiele viel realistischer aussehen, da erstmals Schatten, Reflexionen und Lichtbrechungen naturgetreu dargestellt werden können. Das aus dem Saarbrücker Computergraphik hervorgegangene Spin-Off-Unternehmen inTrace GmbH wird außerdem auf der Messe einen Kooperationsvertrag über den weltweiten Vertrieb der Ray-Tracing-Software unterzeichnen.

Das Echtzeit-Ray-Tracing wurde von Professor Slusallek und seinem Team in den vergangenen Jahren von einem reinen Forschungsprojekt bis hin zur Marktreife entwickelt. Das Verfahren ermöglicht es erstmals, dreidimensionale Modelle mit riesigen Datenmengen interaktiv darzustellen, zu bewegen und zu verändern. Schatten, Lichtbrechungen, Spiegelungen und indirekte Beleuchtungseffekte werden dabei photorealistisch wiedergegeben.

Als ein Highlight der diesjährigen Siggraph zeigt das Team der Saarbrücker Informatik den ersten Prototypen von Echtzeit-Ray-Tracing auf dem neuen Cell-Prozessor. In der extrem kurzen Entwicklungszeit von nur zwei Wochen wurden die Ray-Tracing-Algorithmen für diesen neuen Hochleitungsprozessor in Zusammenarbeit mit IBM Deutschland völlig überarbeitet. Schon mit einem einzelnen Cell-Prozessor werden Echtzeit-Bildraten bei voller Bildschirmauflösung erreicht.

Speziell für die Filmproduzenten im benachbarten Hollywood haben die Forscher um Prof. Slusallek ein Plugin für das dort viel benutzte Modellierungs- und Animationsprogramm „Cinema-4D“ des deutschen Herstellers Maxon entwickelt. Durch diese Erweiterung kann die im Rechner modellierte Szene schon während des Konstruktionsprozesses laufend in seiner endgültigen, photorealistischen Qualität dargestellt werden. Damit kann der Benutzer das Ergebnis frühzeitig in hoher Qualität begutachten und schneller bessere Resultate erzielen. Auf einem einzelnen Rechner wird das Bild im Sekundentakt erneut. Durch Hinzuschalten weiterer Rechner können sogar Echtzeit-Bildraten erreicht werden.

Darüber stellt das Saarbrücker Team auf der wissenschaftlichen Konferenz das weltweit erste, vollständig programmierbare Chip vor, dass speziell für Echtzeit-Ray-Tracing entwickelt wurde. Schon der erste, vollständig funktionsfähige, aber noch langsam getaktete FPGA-Prototyp dieses Chips liefert die Ray-Tracing-Leistung eines Hochleistungs-PCs. Mehrere dieser Chips können einfach zusammen geschaltet werden und vervielfachen dadurch die Leistung. Vor allem für die Spieleindustrie ist eine Hardware-Unterstützung von Ray-Tracing unerlässlich.

Die Automobilindustrie nutzt das Echtzeit-Ray-Tracing-Verfahren bereits, um Planungsfehler im Konstruktionsprozess frühzeitig sichtbar zu machen und zu beseitigen, bevor ein Fahrzeug überhaupt gebaut wird. Hierdurch lässt sich der Kosten- und Zeitaufwand in der Entwicklung um bis zu 30 Prozent senken. Die Software, die die Firma inTrace GmbH seit Mitte 2003 vermarktet, wird bei Volkswagen, Audi, DaimlerChrysler und BMW bereits produktiv eingesetzt. Im vergangenen Jahr hat Volkswagen dazu rund 20 Millionen Euro in zwei Visualisierungszentren investiert, die mit der neuen Ray-Tracing-Technologie arbeiten.
Auch die Flugzeugindustrie hat großes Interesse an der neuen Technik, um komplette Flugzeuge dreidimensional dazustellen. Für das originale CAD-Modell einer „Boeing 777“ müssen dafür die Daten von mehr als 350 Millionen Dreiecken (zusammen über 30 Gigabyte oder mehr als 40 CD-ROMs) interaktiv verarbeitet werden. Den Konstrukteuren ermöglicht diese neue Technik, sich jederzeit am Bildschirm interaktiv durch das virtuelle Flugzeug zu bewegen und dabei jedes Detail bis hin zur kleinsten Schraube und Niete unter die Lupe zu nehmen. Neue Flugzeugmodelle können so in ihrer Gesamtheit getestet und mögliche Probleme schon vor dem Bau erkannt werden.

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idw

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