Studie zum Umbau der Bundesagentur für Arbeit: Effizienz steigt, aber Konflikte bei Vermittlungsstrategie

Die Organisationsreform bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat wichtige Abläufe in der täglichen Arbeit der Arbeitsagenturen effizienter gemacht. Davon profitieren Arbeitsuchende ebenso wie die Vermittlungskräfte. Gleichzeitig haben sich bei der Vermittlungsstrategie der BA aber traditionelle Zielkonflikte durch die Reform verschärft. Weil die Agenturen insgesamt stärker auf Effizienz setzen müssen, tritt ein „Dilemma zwischen Wirtschaftlichkeit und sozialem Auftrag zu Tage“. Besonders deutlich wird das Spannungsverhältnis bei der Frage, auf welche Gruppen von Arbeitsuchenden die BA ihre Angebote konzentrieren soll. Zu diesem Schluss kommt Dr. Volker Hielscher vom Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft (iso) in einem Beitrag in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen.* Das iso untersucht im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales den Umbau der BA. Das Projekt ist Teil der umfassenden Evaluierung der Hartz-Gesetze.

Auf Grundlage von rund 200 Interviews mit Beschäftigten und Führungskräften in Arbeitsagenturen, Regionaldirektionen und der Nürnberger Zentrale zieht der Forscher ein differenziertes Zwischenfazit des Umbaus: Positiv wirken Veränderungen wie das neu geschaffene „Kundenzentrum“, das störungsfreie Beratungsgespräche möglich macht. Die Vermittlungsfachkräfte können nur noch mit Termin besucht und nicht mehr direkt angerufen werden, Standardanfragen übernimmt ein telefonisches Service-Center oder der Empfang in der Arbeitsagentur. Dagegen ist der Zuwachs an Eigenverantwortung und Flexibilität bei der Vermittlungsarbeit, den viele Mitarbeiter der BA erhofft hatten, ausgeblieben. Standardisierte „Handlungsprogramme“ setzen enge Rahmen.

Zwiespältig bewertet der Forscher auch die von betriebswirtschaftlichen Effizienzvorgaben beeinflusste Strategie, sich bei den Vermittlungsanstrengungen besonders auf jene Arbeitsuchende und Unternehmen zu konzentrieren, bei denen ein rascher Erfolg möglich erscheint. So würden auf Unternehmensseite vor allem größere Firmen mit hohem Personalumsatz angesprochen. Bei den Arbeitsuchenden konzentrierten sich die Angebote auf „das mittlere Kundensegment“. So genannte „Betreuungskunden“, die einen besonders hohen Beratungs- und Qualifizierungsbedarf haben, könnten die Vermittlungsfachkräfte dagegen weniger stark berücksichtigen, resümiert Hielscher: „Faktisch werden Betreuungskunden, für die noch im Bericht der `Hartz-Kommission´ die intensivste Unterstützung vorgesehen war, in Nicht-Betreuungskunden verwandelt.“

*Volker Hielscher: Reorganisation der Bundesagentur für Arbeit: „Moderner Dienstleister“ für wen? In: WSI-Mitteilungen 3/2006

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Rainer Jung idw

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