Analyse zur Globalisierung: Entwicklungsländer mit kontrollierter Marktöffnung haben Erfolge

Das Ziel der Vereinten Nationen, die weltweite Armut bis 2015 zu halbieren, ist mit undifferenzierter Liberalisierungspolitik nicht zu erreichen. Wirtschaftliche Erfolge erzielen derzeit gerade jene asiatischen Entwicklungsländer, die bei der Öffnung zum Weltmarkt eher kontrolliert vorgehen. Das sind Ergebnisse einer Analyse des langjährigen Beraters der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Dr. Werner Sengenberger. Dagegen erlitten afrikanische und lateinamerikanische Staaten Einbußen, nachdem sie unter dem Einfluss internationaler Finanzinstitutionen etwa Beschränkungen sehr rasch abgebaut hatten. „Internationaler Handel und Kapitalverkehr führen nicht automatisch zu wirtschaftlichem Wachstum und mehr und besserer Beschäftigung“, resümiert Sengenberger in der aktuellen Ausgabe der WSI-Mitteilungen.

ILO-Daten zu regionalen Trends bei Einkommen und Investitionen zeigen, dass nur eine kleine Gruppe von Entwicklungsländern deutlich von der zunehmenden Wirtschaftsverflechtung profitiert hat. Zwar sank weltweit zwischen 1980 und 2003 der Anteil der Erwerbstätigen, die von weniger als zwei Dollar am Tag leben müssen – von knapp 60 auf knapp 50 Prozent. „Dies ist aber größtenteils auf den starken Rückgang der Armut im bevölkerungsreichen China und Indien zurückzuführen“, so Sengenberger. Zwischen 1985 und 2002 konnten China und Indien ihren Anteil am globalen Exportvolumen von 3,4 auf 8,7 Prozent ausbauen. Bei den weltweiten ausländischen Direktinvestitionen stieg die Quote von 2,9 auf knapp zehn Prozent. Zugleich sank die Teilhabe der meisten anderen Entwicklungsländer an Welthandel und Investitionen jedoch deutlich. Die Industrieländer behielten ihre dominierende Position mit Anteilen von mehr als 70 Prozent.

Als einen Faktor für die starke wirtschaftliche Entwicklung in den asiatischen Erfolgsländern – neben China und Indien auch Südkorea, Malaysia oder Vietnam – identifiziert der Experte eine Politik der selektiven Beteiligung an der Globalisierung. Importkontrollen, Zölle und Subventionen begleiten und steuern die Marktöffnung. Ausländische Investoren müssen sich an Vorgaben zum Technologietransfer halten. Der Staat betreibt aktive Industriepolitik. All das erinnere an die „Praxis der fortgeschrittenen Industriestaaten“ während des 20. Jahrhunderts, analysiert Sengenberger.

Doch selbst in Boomstaaten profitiert nur ein Teil der Bevölkerung. So büßte die Landbevölkerung in China seit 2001 Einkommen ein, während fast 90 Prozent der städtischen Haushalte Einkommen gewannen. Die wirtschaftliche und soziale Kluft gefährde die Stabilität, warnt der Experte: „Abfederung von Arbeitsplatz- und Einkommensverlusten durch soziale Sicherung und Vorbeugung gegen soziale Konflikte mit Hilfe freier, unabhängiger Gewerkschaften kommen zu kurz und schmälern das künftige Entwicklungspotenzial.“

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Rainer Jung idw

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