Körpergröße liefert Erkenntnisse zur ökonomischen Ungleichheit in Afrika
Tübinger Wirtschaftshistoriker erschließen neue Datenquelle
Jörg Baten vom Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte der Universität Tübingen und Alexander Moradi (Dept. of Economics, Oxford) untersuchten für 28 afrikanische Länder die Ungleichheit der Versorgungslage. Da Körpergrößen nicht nur genetisch, sondern auch durch Ernährungs- und Gesundheitsbedingungen beeinflusst werden, liefern ausreichend große Stichproben Hinweise zum biologischen Lebensstandard. Auf dieser Basis lässt sich messen, wie viel des erwirtschafteten Einkommens der afrikanischen Bevölkerung in Form von Ernährung und medizinischer Versorgung tatsächlich zugute kommt. Baten und Moradi nutzten daher anthropometrische Schätzungen als unabhängige Vergleichsgröße, um die Aussagekraft gängiger Indikatoren für Ungleichheit, wie etwa Einkommensunterschiede, zu überprüfen.
Sie wiesen einerseits nach, dass Bodenschätze wie Diamant- oder Goldvorkommen die Ungleichheit verstärken. Andererseits tragen konsumentennahe Industrien ebenso wie Bildung zu ihrer Reduzierung bei. Im Hinblick auf die Kommerzialisierung und „Globalisierung“ der Landwirtschaft zeigten Baten und Moradi, dass beim diversifizierten Anbau mehrerer für den (Welt-)Markt erzeugter Produkte wie Kaffee, Zuckerrohr oder Baumwolle, sowohl der Lebensstandard stieg, als auch die Ungleichheit sank. Dagegen ist der biologische Lebensstandard deutlich niedriger in Regionen, in denen vorwiegend nur eines dieser so genannten cash crops angebaut wurde.
Zudem wirft die Studie ein differenziertes Licht auf die Rolle der ethnischen Zersplitterung in Afrika: Mit zunehmender ethnischen Homogenität sinkt zunächst die Ungleichheit in der gesamten Bevölkerung; überschreitet jedoch der Anteil der größten ethnischen Gruppe die Marke von 50%, so tritt der gegenteilige Effekt ein. Dies zeigt, dass auch ethnische Homogenität kein Garant für ähnlich gute Lebensbedingungen in Afrika sein muss.
Veröffentlicht in: www.sciencedirect.com/science/journal/0305750X
Kontakt und nähere Informationen:
Prof. Dr. Jörg Baten
Wirtschaftswissenschaftliches Seminar
Mohlstraße 36
72074 Tübingen
Tel.: (07071) 29-72985
joerg.baten@uni-tuebingen.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.uni-tuebingen.de/Alle Nachrichten aus der Kategorie: Wirtschaft Finanzen
Aktuelle und interessante Meldungen und Entwicklungen aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften finden Sie hier zusammengefasst.
Unter anderem bietet Ihnen der innovations-report Berichte aus den Teilbereichen: Aktienmärkte, Konsumklima, Arbeitsmarktpolitik, Rentenmarkt, Außenhandel, Zinstrends, Börsenberichte und Konjunkturaussichten.
Neueste Beiträge
Atomkern mit Laserlicht angeregt
Dieser lange erhoffte Durchbruch ermöglicht neuartige Atomuhren und öffnet die Tür zur Beantwortung fundamentaler Fragen der Physik. Forschenden ist ein herausragender Quantensprung gelungen – sprichwörtlich und ganz real: Nach jahrzehntelanger…
Wie das Immunsystem von harmlosen Partikeln lernt
Unsere Lunge ist täglich den unterschiedlichsten Partikeln ausgesetzt – ungefährlichen genauso wie krankmachenden. Mit jedem Erreger passt das Immunsystem seine Antwort an. Selbst harmlose Partikel tragen dazu bei, die Immunantwort…
Forschende nutzen ChatGPT für Choreographien mit Flugrobotern
Robotik und ChatGPT miteinander verbinden… Prof. Angela Schoellig von der Technischen Universität München (TUM) hat gezeigt, dass Large Language Models in der Robotik sicher eingesetzt werden können. ChatGPT entwickelt Choreographien…