UN-Millenniumsgipfel 2005: Der Teufelskreis zwischen Armut und Gewalt muss durchbrochen werden

Vom 14. bis zum 16. September 2005 treffen sich die Staats- und Regierungschefs zum Weltgipfel 2005 in New York. Es soll erste Bilanz zu den Millenniums-Entwicklungszielen gezogen werden. Experten des BICC (Internationales Konversionszentrum Bonn) verweisen dringend auf den Zusammenhang von Armut und Konflikten. Sie fordern entschiedenere Maßnahmen zur Konfliktprävention als Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklungspolitik und zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele.


Etwa ein Viertel der ärmsten Länder der Welt befindet sich zur Zeit entweder im Krieg bzw. kriegsähnlichem Zustand oder hat noch die unmittelbaren Auswirkungen vergangener Kriege zu bewältigen. Krisenprävention und Maßnahmen zur friedlichen Konfliktbeilegung sind vor diesem Hintergrund ein unerlässliches Instrument zur Beseitigung von Armut.

„Die Millenniumserklärung von 2000 hat die Zusammenhänge zwischen Konflikten und Entwicklung nicht genügend berücksichtigt. Der bevorstehende Weltgipfel muss konkrete Maßnahmen im Bereich Konfliktprävention und -beseitigung beschließen, um die Millenniumsentwicklungsziele erreichbar zu machen,“ formuliert Peter Croll, Direktor des BICC, seine Erwartungen an das Staatentreffen in New York.

Das BICC unterstützt deshalb eine Reihe von Vorschlägen, die u.a. von der Hochrangigen Expertengruppe des UN-Generalsekretärs zu neuen Bedrohungen (High Level Panel on Threats, Challenges and Change) und im „Bericht über die menschliche Entwicklung 2005“ des United Nations Development Programmes (UNDP) erhoben werden:

* Einrichtung einer UN-Kommission für Friedenskonsolidierung und Schaffung eines globalen Fonds, der die Hilfe, die unmittelbar nach einem Konflikt geleistet wird, sowie den Übergang zu einem auf lange Sicht angelegten Wiederaufbau in berechenbarer Weise finanzieren soll. Über den Vorschlag des UN-Generalsekretärs hinausgehend sollte sich diese Kommission auch mit Krisenprävention befassen, wie es im Bericht der Expertengruppe vorgeschlagen worden ist.

* Mehr Hilfe für konfliktträchtige Länder. Entwicklungshilfe benötigen auch Länder, die nach einem Konflikt instabil sind. Die oft zu beobachtende Tendenz, in der unmittelbaren Nachkriegsphase Konfliktländer mit Hilfe zu überschütten, diese aber nach einiger Zeit wieder stark zu vermindern, ist kontraproduktiv. Denn die Fähigkeit, Hilfe sinnvoll aufzunehmen, ist in der ersten Aufbauphase häufig begrenzt. Die Geber sollten ihre Aufwendungen vielmehr langfristig zur Verfügung stellen. Gleichzeitig sollten die Kriterien, welches Land Mittel zugewiesen bekommt bzw. warum reduziert wird, offen gelegt werden.

* Stärkung legitimierter staatlicher Strukturen. Konflikte und Staatsversagen gehen häufig Hand in Hand. Die internationale Gemeinschaft muss deshalb neue Instrumente zur Stärkung legitimierter staatlicher Strukturen entwickeln. Vorrangige Ziele müssen Demokratisierung, Verwaltungsreformen und Verbesserung der finanziellen Grundlagen staatlicher Tätigkeit sein. Von diesen Reformen dürfen Militär und Polizei nicht ausgenommen werden.

* Engere Verzahnung von Entwicklungspolitik und Friedenspolitik – international wie national. Was eine UN-Kommission für Friedenskonsolidierung auf internationaler Ebene leisten soll, muss auch auf nationaler Ebene verbessert werden. In Deutschland wurde mit dem Aktionsplan Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung ein guter Anfang gemacht, den es auszubauen gilt.

* Stärkung regionaler Konfliktlösungskapazitäten. Vorrang hat hierbei der Aufbau solcher Kapazitäten in Afrika, bei der Afrikanischen Union und bei subregionalen Organisationen. Ein Element ist die finanzielle, technische und logistische Unterstützung von Einsatztruppen afrikanischer Organisationen.

* Eindämmung der Kleinwaffenflut. Kleinwaffen sind die modernen Massenvernichtungsmittel, mit denen die meisten Kriege und Konflikte ausgefochten werden. Die UN-Kleinwaffenkonferenz 2006 muss ein verbindliches Abkommen zum Waffenhandel verabschieden, um die Märkte zu regulieren und Lieferungen in Gebiete, in denen gewaltsame Konflikte stattfinden, zu unterbinden.

* Internationale Rahmenregelung für das Management natürlicher Ressourcen. „Blutdiamanten“ und „Konfliktöl“ – auf internationalen Märkten gehandelte natürliche Ressourcen spielen auch bei der Finanzierung von Gewaltkonflikten eine Rolle. Transnationale Konzerne, die Bodenschätze exportieren, müssen ihre Geschäftstätigkeit transparenter machen, um nicht zu diesen Konflikten beizutragen. Eine von Großbritannien eingesetzte Kommission für Afrika hat eine internationale Rahmenregelung vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass korrupte Praktiken transnationaler Unternehmen im Ausland am Unternehmenssitz strafrechtlich verfolgt werden können. Dies könnte Vorbild für eine international gültige Regelung sein.

Media Contact

Susanne Heinke idw

Weitere Informationen:

http://www.bicc.de

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