Megasynthasen: Schlüssel zum Design neuer Antibiotika?

Die mit Antibiotikum getränkten Testplättchen zeigen gegen die Bakterienkultur eine Aufklarungszone (links), in der keine Bakterien wachsen. Unwirksame zeigen dies nicht (rechts). Helge Bode

Antibiotika und viele andere pharmazeutische Wirkstoffe werden im Labor von Mikroorganismen produziert und oft nur noch chemisch „veredelt“, bevor sie in die Apotheke kommen. Die Wirkstoffe werden von riesigen, multifunktionalen Enzyme, den Megasynthasen, erzeugt. Im neuen LOEWE Schwerpunkt MegaSyn möchten Forscher jetzt herausfinden, wie die Natur die riesigen Moleküle Schritt für Schritt synthetisiert, damit sie selbst maßschneiderte Megasynthasen herstellen können. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst fördert MegaSyn mit 4.644.000 Euro in den nächsten vier Jahren.

Ob es sich um so wichtige Antibiotika wie Erythromycin, Vancomycin und Daptomycin handelt, um Cholesterin-Senker wie die Statine oder um Immunsuppresiva wie Ciclosporin – immer sind Megasynthasen bei der Produktion im Spiel. Die Biosynthese dieser wichtigen Wirkstoffe erfolgt über Carbon- oder Aminosäuren, die wie am Fließband einer Autofabrik von einer enzymatischen Station zur nächsten weitergereicht werden, bis am Ende der fertige Wirkstoff abgespalten wird.

Bisher ist die Struktur der Megasynthasen kaum erforscht, da sie durch ihre schiere Größe über strukturbiologische Methoden wie Röntgenspektroskopie nur schwer zugänglich sind. Dennoch konnten Forscher bereits einige der wertvollen Riesenmoleküle in den Dienst nehmen: „Wir haben in den letzten Jahren Regeln für die Modifikation natürlicher nicht-ribosomaler Peptid Synthetasen gefunden. Damit können wir neue Megasynthasen und schließlich aminosäurebasierte Wirkstoffe erzeugen, die es so in der Natur noch nicht gab“, erläutert Prof. Helge Bode, Merck-Stiftungsprofessor für Molekulare Biotechnologie und einer der beiden Sprecher von MegaSyn.

„Die Informationen aus den geplanten strukturbiologischen Arbeiten werden uns erlauben, bestimmte Klassen von Megasynthasen besser zu kontrollieren, so dass wir vielleicht schon in wenigen Jahren viele Produkte über maßschneiderte Megasynthasen in biosynthetischen Prozessen herstellen können“, sagt Martin Grininger, Lichtenberg-Professor der Volkswagenstiftung an der Goethe Universität und auch Sprecher von MegaSyn.

Für das Design von Megasynthasen werden nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Marburg, der Max Planck Institute für terrestrische Mikrobiologie (Marburg) und für Biophysik (Frankfurt) sowie der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen, Baupläne für verschiedene Megasynthasen erarbeitet: Polyketidsynthasen (PKS), Fettsäuresynthasen (FAS) oder nicht-ribosomale Peptid Synthetasen (NRPS). Dazu wollen die Forscher einerseits Methoden zur effizienten molekularbiologischen Manipulation der Gene entwickeln, welche die Megasynthase kodieren. Andererseits wollen sie moderne strukturbiologische Methoden erstmals nutzen, um detaillierte Einblicke in die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen zu werfen.

„Mit MegaSyn haben wir ein weltweit einmaliges Konsortium aus Biochemikern, Biophysikern, Molekularbiologen, Strukturbiologen und Biotechnologen geschaffen, das es erlaubt, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung mit angewandter Forschung an Wirkstoffen zu verbinden“, erläutern Helge Bode und Martin Grininger. Da im Rahmen von MegaSyn die Weichen für die Entwicklung von Schlüsseltechnologien für die Wirkstoff-Forschung gestellt werden sollen, ist auch das Interesse der pharmazeutischen Industrie groß. Deshalb wird MegaSyn auch von Unternehmen wie Merck (Darmstadt) unterstützt.

Ein Bild zum Download finden sie hier http://www.uni-frankfurt.de/62453495

Bildtext: Test für die Wirkung von Antibiotika: die mit Antibiotikum getränkten Testplättchen zeigen gegen die Bakterienkultur eine Aufklarungszone (links), in der keine Bakterien wachsen. Unwirksame zeigen dies nicht (rechts).

Informationen: Prof. Helge Bode, Merck-Stiftungsprofessor für Molekulare Biotechnologie, Campus Riedberg, Tel.: (069)-798-29557, h.bode@bio.uni-frankfurt.de
Prof. Martin Grininger, Lichtenberg-Professor der Volkswagenstiftung, Campus Riedberg, Tel.: (069)-798-42705, grininger@chemie.uni-frankfurt.de.

Media Contact

Dr. Dirk Frank idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Atomkern mit Laserlicht angeregt

Dieser lange erhoffte Durchbruch ermöglicht neuartige Atomuhren und öffnet die Tür zur Beantwortung fundamentaler Fragen der Physik. Forschenden ist ein herausragender Quantensprung gelungen – sprichwörtlich und ganz real: Nach jahrzehntelanger…

Wie das Immunsystem von harmlosen Partikeln lernt

Unsere Lunge ist täglich den unterschiedlichsten Partikeln ausgesetzt – ungefährlichen genauso wie krankmachenden. Mit jedem Erreger passt das Immunsystem seine Antwort an. Selbst harmlose Partikel tragen dazu bei, die Immunantwort…

Forschende nutzen ChatGPT für Choreographien mit Flugrobotern

Robotik und ChatGPT miteinander verbinden… Prof. Angela Schoellig von der Technischen Universität München (TUM) hat gezeigt, dass Large Language Models in der Robotik sicher eingesetzt werden können. ChatGPT entwickelt Choreographien…

Partner & Förderer