Humanressourcen für den Technologie- und Wissenschaftsstandort Deutschland

Statement von Dr.-Ing. E.h. Uwe Thomas, Staatsekretär im BMBF

Deutschland verfügt über hervorragend qualifizierte Arbeitnehmer. Im internationalen Vergleich gehört Deutschland noch immer zu den Ländern mit den am besten ausgebildeten Beschäftigten. Doch andere Länder haben in den vergangenen Jahrzehnten kräftig in Bildung investiert. Der „Bildungsvorsprung“ Deutschlands schwindet somit zunehmends. Dies macht sich vor allem in den naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen bemerkbar. In diesen für den Technologie- und Wissenschaftsstandort Deutschland so wichtigen Fächern liegt Deutschland mit einem Absolventenanteil von 8,5 % an den 20-29Jährigen lediglich im unteren Mittelfeld. Das müssen wir ändern und dafür haben wir die Weichen gestellt.

In diesen internationalen Vergleichszahlen vorwiegend aus 1998/99 ist die jüngste sehr positive Entwicklung bei den Studienanfängern bis ins letzte Jahr hinein noch nicht enthalten. Hatte etwa 1994 nur jeder vierte Jugendliche ein Studium aufgenommen, so war es im letzten Jahr schon etwa jeder Dritte eines Jahrgangs (32,4%). Im Maschinenbau- und Elektroingenieurwesen sind die Studienanfängerzahlen seit 1997 um rund 20% angestiegen. In der Informatik haben sich die Studienanfängerzahlen inzwischen mehr als verdoppelt. So wählt wohl manch einer, der sich vor Jahren vielleicht noch für die Ingenieurwissenschaften entschieden hätte, jetzt einen der neuen technischen Studiengänge oder vor allem Informatik.

Die als Folge einer falschen Orientierung ausbleibenden Absolventen haben bei vielen Betrieben – allen voran kleinen und mittleren Unternehmen – zu einem Mangel an Fachkräften geführt. In den Unternehmensbefragungen des letzten Jahres wurde der Fachkräftemangel allgemein als wichtigstes externes Innovationshemmnis bezeichnet – und zwar vor allem im Maschinenbau, Fahrzeugbau und Elektrotechnik, also den Zielbranchen für Ingenieure. Fachkräftemangel führt zu Verlusten bei Wachstum und Innovation. Deshalb hat die Bundesregierung der Aufgabe höchste Priorität gegeben den Fachkräftemangel so schnell wie möglich zu beseitigen.

Absolventenzahlen erhöhen: Technische Studiengänge müssen attraktiver werden. Hierfür gilt es, die Möglichkeiten gerade der neuen BA/MA-Studiengänge zu nutzen, bestehende Studienangebote zu modernisieren und neue moderne technische Studiengänge einzuführen. Die neuen BA/MA-Studiengänge wurden vor allem in den Ingenieurwissenschaften sehr erfolgreich angenommen.

Wir müssen Frauen stärker für technische Studiengänge mobilisieren. Der Frauenanteil in den technischen Fächern liegt in Deutschland unter dem internationalen Durchschnitt. Daher hat das BMBF vor drei Jahren die Ingenieurinnen-Kampagne „be.Ing – In Zukunft mit Frauen“ ins Leben gerufen. Zugleich versprechen wir uns auch von der Ausweitung der Ganztagsschulen, die wir ab dem nächsten Jahr mit insgesamt 4 Mrd.fördern, eine stärkere Mobilisierung von Frauen mit Kindern für die Berufstätigkeit.

Wir müssen das Interesse von Kindern an naturwissenschaftlichen und technischen Fragen vom frühen Kindesalter an fördern. Dies setzt bereits im Kindergarten und in der Grundschule an und setzt sich in den Realschulen und Gymnasien fort. Dafür gibt es inzwischen zahlreiche Initiativen, etwa durch Wissenschaft im Dialog, durch zahlreiche Wettbewerbe wie „Jugend forscht“ und durch das Engagement von Unternehmen, Universitäten und Forschungseinrichtungen in den Schulen. Wichtig ist vor allem dabei die Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer.

Wir müssen den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht verbessern. Die PISA-Studie hat deutlich die Defizite bei mathematisch-naturwissenschaftlicher Kompetenz unserer Jugendlichen hervorgekehrt. Mit unserem BLK-Modellprogramm „Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts (SINUS)“ setzen wir hier an der richtigen Stelle an und setzen es in der Breite um.

Vor allem aber: Die Berufsaussichten für Ingenieure und Naturwissenschaftler müssen klar sein. Enttäuschungen vergangener Jahrgänge aus dem restriktivem Einstellungsverhalten von Unternehmen wirken nach. Die Betriebe, aber auch die staatlichen Forschungseinrichtungen müssen aus der Erfahrung der 90er Jahre lernen und ihre Beschäftigungspolitik langfristig gestalten.

Bedarf anderweitig decken:
Wenn im Inland die Fachkräfte fehlen, müssen wir unsere Grenzen stärker für ausländische Fachkräfte öffnen. Die Green Card für hochqualifizierte IT-Spezialisten war hier eine wichtige Maßnahme. Unser Zuwanderungsgesetz sieht weitere Erleichterungen vor, damit hochqualifizierte Spitzenkräfte leichter in Deutschland leben und arbeiten können und fehlende Arbeitskräfte im Inland schneller durch ausländische Fachkräfte ausgeglichen werden können.

51.000 arbeitslose Ingenieure und ein gleichzeitig beklagter Ingenieurmangel passt nicht zusammen. Wir müssen mehr tun, um arbeitslose Ingenieure schneller und effektiver in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das BMBF hat kürzlich zu diesem Thema eine Studie vergeben, deren Ergebnisse wir in den Ingenieurdialog einbringen werden. Auch die Bundesanstalt für Arbeit führt eine Reihe von Maßnahmen durch, um die Wiedereingliederung gerade älterer arbeitsloser Ingenieure zu verbessern.

Wir sollten aber auch die Rolle von Technikern und anderen nicht-akademischen Fachkräften im Blick haben. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren eine Reihe bestehender technischer Ausbildungsberufe modernisiert, um den gestiegenen Anforderung der Arbeitswelt gerecht zu werden.

Lebenslanges Lernen ist heute eine Selbstverständlichkeit – allerdings mehr auf dem Papier als in der Wirklichkeit. Das BMBF setzt sich im Rahmen des Ingenieurdialogs daher verstärkt für die Transparenz der Weiterbildungsmöglichkeiten für Ingenieure ein.

Das Motto dieser Tagung lautet „Sind Ingenieurarbeitsmärkte steuerbar?“ Wir alle wissen, wie schwierig Prognosen sind. Aber die jungen Menschen orientieren sich am Arbeitsmarkt der Gegenwart, wenn wir ihnen den Arbeitsmarkt der Zukunft nicht glaubwürdig darstellen können.

Den jüngsten Ingenieurmangel etwa hat manch einer bereits 1994 kommen sehen – und doch haben wir ihn nicht vermeiden können. Denn es hat damals mindestens genauso gewichtige Stimmen gegeben, die vor „Panikmache“ gewarnt haben. Und schließlich stellte ein Verbandsvertreter damals die nur scheinbar richtige in Wirklichkeit kurzsichtige Frage: Wie sollen wir angesichts Stellenstreichungen von 300.000 zwischen 1990 und 1994 begründen, warum wir jetzt Werbung für ein Ingenieurstudium machen. So erzeugt man den berühmten Schweinezyklus!

Es wird Zeit, dass wir den jungen Menschen den Arbeitsmarkt der Zukunft transparent machen und wesentlich intensiver als bisher uns mit entsprechenden Prognosen beschäftigen. Das reicht aber nicht aus. Wir müssen diese Prognosen auch an den Mann und die Frau bringen. Hier sehe ich eine entscheidende und noch nicht gelöste Aufgabe. Ich verspreche mir deshalb von dieser Tagung wichtige Impulse, damit wir die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.

Weitere Informationen: VDI Verein Deutscher Ingenieure (VDI ) Postfach 10 11 39 40002 Düsseldorf

Graf-Recke-Str. 84 40239 Düsseldorf

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