Wie haltbar sind künstliche Hüftgelenke?

Künstliche Hüftgelenke werden immer sicherer: Moderne mehrteilige Hüftimplantate aus Titan geben nur winzige Mengen des Metalls in das umliegende Gewebe ab und sind deshalb voraussichtlich besonders haltbar. Dies haben Labortests von Wissenschaftlern der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg gezeigt.

Für seinen Beitrag: „Korrosion und Ionenfreisetzung bei Hüftimplantaten mit modularem Halssystem“ wurde Dr. Jan Philippe Kretzer, Technischer Leiter des Labors für Biomechanik und Implantatforschung an der Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg, auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Biomechanik der 1. Preis des Young Investigator Awards 2009 verliehen (dotiert mit 1.000 €).

Winzige Partikel lösen Allergien und Entzündungen aus

Jedes Jahr bekommen rund 180.000 Patienten eine neue künstliche Hüfte. Ihre Haltbarkeit beträgt meist nur 15-20 Jahre. Falls sie sich lockern, ist ein Austausch erforderlich. Ursachen für eine Lockerung sind u. a. minimale Bewegungen und der Verschleiß der einzelnen Teile des Kunstgelenkes. Dadurch lösen sich winzige Partikel und Ionen aus dem Gelenk, die allergische und toxische Reaktionen hervorrufen können. In seltenen Fällen kann es auch zur Korrosion und schließlich zum Funktionsverlust des Kunstgelenkes kommen.

Diesem Verschleiß versuchen die Hersteller durch speziell gestaltete Kunstgelenke und Materialien entgegenzuwirken. Neu auf dem Markt sind Kunstgelenke aus Titan, die aus mehreren Komponenten bestehen. Solche mehrteiligen (modularen) Hüftimplantate ermöglichen dem Orthopäden, das Kunstgelenk bei der Operation ganz individuell den Bedürfnissen des Patienten anzupassen.

Im Heidelberger Biomechanik-Labor werden Prothesen-Typen rund um die Uhr getestet. So können innerhalb von wenigen Wochen die Belastungen durchlaufen werden, denen das künstliche Hüftgelenk normalerweise in 10 Jahren standhalten muss. Die Prüfsysteme im Labor sind in der Lage Bewegungs- und Laufmuster des Gelenkes perfekt nachzuahmen.

Die Heidelberger Wissenschaftler haben nun untersucht, wie sich unterschiedliche modulare Kunstgelenke im Biomechanik-Labor unter Belastung verhalten. In seinen Tests haben Dr. Kretzer und sein Team gemessen, wie viel Titan verschiedene Implantate unter Belastung abgeben und während welchen Zeitraums dies passiert.

Raue Oberfläche verringert Abrieb von Titan

Ihre Messungen ergaben, dass nur extrem geringe, klinisch unbedenkliche Mengen an Titan (12 bis 44 Mikrogrammµg; 1µg= 0,000001g) freigesetzt wurden – und zwar unabhängig vom Design des untersuchten Kunstgelenks. Allein die Art der Oberflächen schien einen Einfluss zu haben: Je rauer die Oberfläche des Implantats war, desto geringer war der Abrieb – weniger Titan wurde freigesetzt. Kretzer erklärt dies mit der stabileren Verbindung der Komponenten bei rauen Oberflächen. Bei keiner Prothese kam es zu einem mechanischen Versagen oder übermäßiger Korrosion.

Was noch untersucht werden müsse, sei die Sicherheit der unterschiedlichen modularen Verbindungen von Hals und Schaft der Implantate, sagt Kretzer. Die Ergebnisse dieser in-vitro-Untersuchungen seien jedoch vielversprechend und ein gutes Argument dafür, die untersuchten Kunstgelenke in begrenztem Umfang bei Patienten anzuwenden.

Weitere Informationen über die Orthopädische Universitätsklinik im Internet:
www.orthopaedie.uni-heidelberg.de
Ansprechpartner:
Dr. sc. hum. Dipl.-Ing. Jan Philippe Kretzer
Stiftung Orthopädische Universitätsklinik
Labor für Biomechanik und Implantatforschung
Schlierbacher Landstraße 200a
69118 Heidelberg
Tel.: 06221 / 96 92 09
Fax: 06221 / 96 92 06
E-Mail: Philippe.Kretzer(at)ok.uni-heidelberg.de
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Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten werden jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. (Stand 12/2008)
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