RNA wird bundesweit erforscht: DFG fördert 23 Projekte unter Bochumer Koordination

Dass die RNA nicht nur Vermittler zwischen der in der DNA gespeicherten Erbinformation und den Proteinen ist, sondern eigenständige Funktionen in der Zelle erfüllt, ist eine neue Erkenntnis, die das zentrale Dogma der Molekularbiologie erschüttert hat. Die Rolle der RNA erforschen Wissenschaftler deutschlandweit im Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „Sensorische und regulatorische RNAs in Prokaryoten“ unter Koordination von Prof. Dr. Franz Narberhaus (RUB, Lehrstuhl für Biologie der Mikroorganismen). 23 Einzelprojekte wurden jetzt aus 38 Anträgen für die erste Förderperiode ausgewählt; die Forscher haben ihre Arbeit aufgenommen. Das Programm wird über sechs Jahre mit ca. 8 Mio. Euro gefördert.

Faszinierende Entwicklung der Biologie

„Die Entdeckung von regulatorischen RNA-Molekülen ist eine der faszinierendsten Entwicklungen in der gegenwärtigen Biologie“, unterstreicht Prof. Narberhaus. Das zentrale Dogma der Molekularbiologie besagt, dass die genetische Information von der DNA über die RNA zum Protein weitergeleitet wird. Entsprechend ging man lange davon aus, dass Proteine neben den wesentlichen strukturellen und katalytischen auch die regulatorischen Funktionen in einer Zelle übernehmen. Dieses Konzept wurde jedoch zunehmend in Frage gestellt, nachdem eine Vielzahl regulatorischer RNAs entdeckt wurde, die an der Kontrolle wichtiger physiologischer Prozesse beteiligt sind. Die fundamentale Bedeutung RNA-abhängiger Kontrollprozesse wurde durch die Vergabe des Nobelpreises für den RNAi-Mechanismus im Jahre 2006 gewürdigt. Die Erkennung und Weiterleitung intrazellulärer Signale durch RNA-Molekülen ist bei Bakterien, Pflanzen und Tiere verbreitet. Einiger dieser Mechanismen stammen möglicherweise aus einer frühen „RNA-Welt“.

Nationaler Forschungsverbund nimmt die Arbeit auf

Um der rasanten Entwicklung auf diesem Forschungsgebiet Rechnung zu tragen, hat die DFG die Einrichtung des deutschlandweiten Schwerpunktprogramms „Sensorische und regulatorische RNAs in Prokaryoten“ bewilligt. Für die erste Förderperiode von drei Jahren gingen im Herbst 2006 insgesamt 38 Einzelanträge ein, die im Januar 2007 im Rahmen eines Kolloquiums in Bonn von einem internationalen Gutachtergremium bewertet wurden. Inzwischen erging die Bewilligung für 23 Projekte, und die geförderten Arbeitsgruppen von Kiel bis Freiburg und von Bochum bis Greifswald haben ihre Arbeit aufgenommen. Jährliche Tagungen werden eine optimale Kommunikation unter den räumlich verstreuten und thematisch vielseitigen Arbeitsgruppen gewährleisten. Kostenintensive, molekularbiologische Methoden (Gen-Chips, Hochdurchsatz-Sequenzierung) sollen im Rahmen des Verbundes gemeinsam genutzt und somit für die einzelnen Arbeitsgruppen erschwinglich werden.

Leistungsfähige RNA

Bakterien nutzen regulatorische RNAs hauptsächlich, um Stressbedingungen, z. B. Hitze, Salze, Hunger, zu erkennen und möglichst schnell entsprechende Schutzmechanismen anzustellen. Verschiedene pathogene Mikroorganismen registrieren ihre Anwesenheit im Wirt mit Hilfe von RNA-Schaltern. Den am Schwerpunkt beteiligten Wissenschaftlern geht es darum, bekannte RNA-abhängige Regulations-Mechanismen zu verstehen und neue zu entdecken. Zu den untersuchten Modellorganismen gehören Boden- und Meeresbakterien ebenso wie pathogene und symbiontische Mikroorganismen. Bei verschiedenen Teilprojekten wird eine spätere biotechnologische oder medizinische Anwendung angestrebt. Die erfolgreiche Bearbeitung dieser Thematik bedarf der koordinierten Anstrengung unterschiedlicher Disziplinen. Hierzu ist ein junges Team aus Mikrobiologen, Biochemikern, Bioinformatikern, Strukturbiologen und Chemikern angetreten.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Franz Narberhaus, Lehrstuhl für Biologie der Mikroorganismen, Fakultät für Biologie der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-23100, E-Mail: franz.narberhaus@rub.de, Internet: http://www.ruhr-uni-bochum.de/mikrobiologie/

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Dr. Josef König idw

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