Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD): Wie lässt sich das Seelenleben beschreiben und einschätzen?

Die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD) ist ein psychodynamisches System zur Diagnostik bei psychischen und psychosomatischen Störungen, das die klassischen Klassifikationssysteme von Erkrankungen wie den ICD-10 ergänzt.

Sie wurde 1992 vom gleichzeitig gegründeten Arbeitskreis Operationalisierung Psychodynamische Diagnostik unter Mitarbeit von Professor Dr. Manfred Cierpka, Ärztlicher Direktor des Instituts für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie am Universitätsklinikum Heidelberg, ins Leben gerufen.

Am 23. und 24. Oktober 2009 findet in Heidelberg nun der 4. Internationale OPD-Kongress statt. Wissenschaftler und interessierte Praktiker diskutieren Erfahrungsberichte aus der täglichen, klinischen Arbeit sowie Ergebnisse aus der Grundlagenforschung der Psychotherapie.

Die OPD-Diagnostik ist individuell und wird nach dem Erstgespräch von erfahrenen und vom Arbeitskreis OPD entsprechend geschulten Psychotherapeuten in mittlerweile mehr als 1.000 Praxen und Kliniken weltweit eingesetzt. Dabei liefert das so genannte OPD-Interview dem Therapeuten verlässliche und möglichst objektive Daten, die die wichtigsten psychodynamischen Funktionen im Seelenleben der Patienten erfassen und einschätzbar machen. Dazu zählen typische persönliche Konfliktkonstellationen oder Beziehungsmuster. Hatte die vorausgegangene medizinische Diagnostik z.B. ein psychogenes Schmerzsyndrom ergeben, kann der Therapeut aus den mit der OPD-Diagnostik zusätzlich ermittelten Daten starke Belastungen im Beziehungserleben erkennen, die die Symptomatik immer wieder auslösen. Wenn sich der Patient hauptsächlich um andere Menschen kümmert, sich aber von diesen immer wieder im Stich gelassen fühlt, kann dies zu Enttäuschung und Wut führen.

Reagiert er statt mit diesen Gefühlen mit einer verstärkten Anpassung und Harmonisierung kann dies zur Selbstentwertung steigen. Manche Patienten verachten gar ihren Körper. Fachleute sprechen dann von Störungen im Körper-Selbst. Die Einschätzung des Patienten führt in solchen Fällen zu einem ergänzenden psychodynamischen Befund, der für eine nachfolgende Psychotherapie handlungsleitend wird. Die Behandlung ist effektiver, der Patient hat bessere Heilungschancen.

Seit einigen Jahren ist eine Neufassung, OPD-2, verfügbar, die verstärkt auf die Therapieplanung eingeht. 2007 wurde das OPD-KJ-Manual in der zweiten Auflage veröffentlicht, das die spezielle Herangehensweise an die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt.

Ein Schwerpunkt des Kongresses liegt auf den kulturspezifischen Anwendungen. Denn das OPD-2-Manual wurde mittlerweile in verschiedene Sprachen übersetzt, darunter auch ins Chinesische. Unterschiede zwischen den westlichen Kulturen und Asien oder Südamerika im Vorhandensein oder in der Verarbeitung innerer Konflikte bei bestimmten Störungsbildern wie den Depressionen sind von großem Interesse für den Arbeitskreis OPD, die Forscher und die anwendenden Psychotherapeuten. Ein deutschsprachiger Kongressteil richtet sich an interessierte Praktiker, der Block für Forschungsinteressierte ist aufgrund der internationalen Relevanz und Anwendung in englischer Sprache.

Der Arbeitskreis OPD kooperiert mit internationalen Partnern und wurde 2006 für die Entwicklung der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik mit dem Heigl-Preis der Düsseldorfer Heigl-Stiftung zur Förderung empirischer und konzeptioneller Arbeiten aus dem Bereich der psychodynamisch orientierten Psychotherapieforschung ausgezeichnet.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Manfred Cierpka
Ärztlicher Direktor der Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie
Tel.: 06221 / 56 4701
E-Mail: Manfred.Cierpka@med.uni-heidelberg.de
Weitere Informationen im Internet:
www.opd-online.net
www.klinikum.uni-heidelberg.de/Veranstaltungen.114347.0.html
Flyer:
www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/pressestelle/PMs/OPD_Flyer.pdf
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten werden jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. (Stand 12/2008)
Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
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