Material-Design ohne Grenzen: ERC Starting Grant von 1,5 Mio. Euro für Jacobs-Professor Thomas Heine

Die jetzt bewilligten Mittel dienen zum einen der Etablierung und Weiterentwicklung der computerbasierten kombinatorischen Chemie als zukunftsweisende Methode in der Material- und Wirkstoffentwicklung. Darüber hinaus soll die neue Methode im Bereich „Erneuerbare Energien“ auch auf konkrete Projekte angewendet werden.

Die experimentelle kombinatorische Chemie, mit der über automatisierte Synthese und Screeningtechnologien zahlreiche Varianten eines Moleküls hergestellt und auf ihre Eigenschaften getestet werden, galt in den 90er Jahren als methodischer Durchbruch in der Material- und Wirkstoffoptimierung, besonders in der Pharmaindustrie.

„Mittlerweile zeigt sich aber, dass diese Methode an ihre Grenzen stößt, besonders für die Entwicklung komplexer Materialien, wie sie in der Nanotechnologie und der Nanoelektronik eingesetzt werden“, sagt Thomas Heine, theoretischer Physiker und seit 2008 Professor an der Jacobs University. „Die kombinatorische Optimierung neuer Materialien scheitert vor allem an der Synthese, da hier in der Regel sehr komplexe Methoden angewendet werden müssen, die automatisiert oft gar nicht zu realisieren oder einfach zu kostenintensiv sind.“

C3 – Computational Combinatorial Chemistry – ist der Kern der Idee, mit der der 40-Jährige Wissenschaftler nun den Europäischen Forschungsrat von seinen Forschungsvorhaben überzeugte: „Sowohl die Rechnerkapazitäten allgemein als auch speziell die computergestützten Simulationsmethoden in der Chemie und Materialforschung sind mittlerweile so weit fortgeschritten, dass man die physiko-chemische Struktur, mechanische Stabilität und funktionale Eigenschaften neuer Materialien mit sehr guter Genauigkeit vorhersagen kann.

Wir können daher ohne die aufwändigen Schritte der experimentellen chemischen Kombinatorik allein mit Hilfe unserer kombinatorischen Simulationsmethoden anwedungsoptimierte Materialien bestimmen und im Idealfall sogar gleich einen Vorschlag für den Syntheseweg machen“, so Heine. „Tatsächlich produziert und physisch getestet werden dann nur ganz wenige vielversprechende Favoriten, die in den Simulationen am besten abgeschnitten haben. Das spart Zeit und Geld und eröffnet außerdem fast grenzenlose Kombinationsmöglichkeiten im Materialdesign.“

Wie gut das virtuelle Reißbrett für innovative Funktionsmaterialien und deren Anwendung funktioniert, will die Jacobs-Forschergruppe um Heine ganz konkret an zwei Fragestellungen aus dem Bereich der umweltfreundlichen Energiegewinnung testen: In der Herstellung von qualitativ hochwertigen Biokraftstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen spielt die effiziente Trennung von Ethanol und Wasser eine große Rolle. Für diesen Zweck wollen die Wissenschaftler ein neues poröses nanostrukturiertes Material aus der Klasse der metallorganischen Käfigstrukturen (Metal-Organic Frameworks, MOFs) entwickeln, das als „molekulares“ Sieb wirkt und selektiv entweder nur die Ethanol- oder die Wassermoleküle passieren lässt.

In einem zweiten Projekt geht es um die klimaneutrale Bereitstellung von elektrischer Energie in Fahrzeugen. Dazu sollen Brennstoffzellen, die Wasserstoff direkt in elektrische Energie umwandeln können, optimiert werden. Ziel ist es, eine neuartige Membran zu entwickeln, die durch ihre nanoelektronischen Eigenschaften für einen möglichst ungehinderten Protonenfluss zwischen den Elektroden der Brennstoffzelle und somit für eine besonders hohe Energieeffizienz dieser Technologie sorgt.

Für Ideen mit Zukunftspotential: Die ERC Starting Grants
(http://erc.europa.eu/index.cfm?fuseaction=page.display&topicID=65)
Mit dem Ziel, durch die Kreativität junger, vielversprechender Forscher neue Ideen in der Wissenschaft zu etablieren, unterstützt der Europäische Forschungsrat (european Research Council ERC) mit seinen Starting Grants Nachwuchswissenschaftler, die ihr herausragendes Talent bereits bewiesen haben und im Begriff sind, eine eigene Forschungsgruppe zu etablieren bzw. auszubauen. Kriterien für die Vergabe sind ausschließlich die wissenschaftliche Exzellenz des Forschers und das innovative Potenzial der Forschungsidee. Das Begutachtungsverfahren durch verschiedene Expertengremien berücksichtigt die bisherigen Leistungen des Antragstellers, das Potential der geplanten Arbeiten und die Rahmenbedingungen der Forschungsinstitution, an der die Forschergruppe beheimatet ist. Die Vergabe der ERC-Grants ist hoch selektiv: Nur rund 10 % – 15 % aller Anträge sind erfolgreich.
Fragen zur geplanten Forschung und zum ERC-Grant beantwortet:
Thomas Heine | Professor of Theoretical Physics
Tel.: 0421 200-3223 | Email: t.heine@jacobs-university.de
http://www.jacobs-university.de/ses/theine

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