Entscheidungshilfen für den Einkauf

2008 hat die Siemens AG ein umfangreiches Kostensenkungsprogramm gestartet. Weniger Zulieferer und eine stärkere Zentralisierung des Einkaufs sollen die Ausgaben pro Jahr um etwa zwei Milliarden Euro senken.

Ähnliche Maßnahmen haben auch viele andere Unternehmen in den vergangenen Jahren ergriffen. Ob dies sinnvoll ist und welche Risiken damit verbunden sein können, hat Alexander Rothkopf in seiner Doktorarbeit untersucht. Rothkopf ist Postdoc am Lehrstuhl für Logistik und quantitative Methoden in der Betriebswirtschaftslehre der Universität Würzburg.

„Vor allem zwei zusammenhängende Maßnahmen verfolgen Unternehmen, wenn sie ihre Kosten im Einkauf senken wollen“, erklärt der Wissenschaftler. „Zum einen können sie die Anzahl an Zulieferern reduzieren. Zum anderen können sie den Einkauf zentral steuern und verwalten und so die Einkaufsvolumina steigern“.

Welche Folgen diese Maßnahmen haben können und welche Risiken damit möglicherweise verbunden sind hat Rothkopf in seiner Doktorarbeit Supplier Selection: Volume Consolidation, Risks and Incentive Issues erforscht. Für diesen Beitrag ist er vor einigen Tagen in Würzburg mit dem Förderpreis für den wissenschaftlichen Nachwuchs des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. ausgezeichnet worden.

Überraschendes Ergebnis

Wenn Firmen um Kosten zu sparen nur noch auf einen einzigen Lieferanten setzen, fahren sie eine riskante Strategie: Sollte der Zulieferer nicht die benötigte Mengen liefern können oder überraschend komplett ausfallen, stehen im schlimmsten Fall auch beim Abnehmer der Produkte die Bänder still.

In Rothkopfs Doktorarbeit geht es unter anderem um solche Risiken. „In diesem Fall kann es sich als sinnvoll erweisen, die sogenannte Multiple Sourcing-Strategie anzuwenden. Das Einkaufsvolumen wird dabei auf zwei oder mehr Zulieferer verteilt. So wird das Risiko gesenkt, dass die gesamte Menge ausfällt“, erklärt Rothkopf.

Aber es muss nicht immer richtig sein die Volumen auf mehrere Zulieferer zu verteilen, um die mit den Risiken verbundenen Kosten zu reduzieren. Seine Untersuchungen deuten darauf hin, dass es bisweilen auch sinnvoll sein kann, den Auftrag an einen einzigen Hersteller zu vergeben. Nämlich dann, wenn die Ausfallrisiken der Zulieferer sehr unterschiedlich sind oder die Kompensationskosten sehr hoch.

„Dieses Ergebnis ist sehr interessant und überraschend. Entscheidungsträger gehen im Allgemeinen davon aus, Risikokosten immer zu reduzieren, wenn Einkaufsvolumen auf mehrere Zulieferer verteilt werden“, erklärt der Wissenschaftler. Um Einkäufer bei ihren Entscheidungen zu unterstützen, hat Alexander Rothkopf Entscheidungsregeln entwickelt. Diese zeigen, wann es sinnvoll ist das Einkaufsvolumen zu verteilen.

Außerdem hat sich Rothkopf in seiner Doktorarbeit mit dem sogenannten Maverick Buying beschäftigt. Dabei geht es um Probleme, die auftreten, wenn die zentrale Einkaufsabteilung Rahmenverträge mit bestimmten Lieferanten abschließt, untergeordnete Abteilungen allerdings auf eigene Faust bei anderen Herstellern bestellen und damit gegen den Rahmenvertrag verstoßen. Solchen Verstößen können die Unternehmen prinzipiell mit zwei Maßnahmen vorbeugen:

Zum einen können sie in die Überwachung der Organisationseinheiten investieren, zum anderen in den Ausbau einer Technik, die es den Angestellten erleichtert, sich an den Rahmenvertrag zu halten. Alexander Rothkopf hat in seiner Doktorarbeit die Wirksamkeit beider Maßnahmen untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass es für Unternehmen unter bestimmten Bedingungen sinnvoll sein kann, ein gewisses Maß an Rahmenvertragsverstößen zu akzeptieren. „Darüber hinaus können wir zeigen, dass hierarchische Planungsmechanismen im Einkauf Rahmenvertragsverstöße unterstützen. Die theoretischen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass wir neue Formen der Zusammenarbeit im Einkauf benötigen“ sagt Rothkopf.

Preise für den wissenschaftlichen Nachwuchs

Die BME- Preise wurden Anfang März im Rahmen des 7. Wissenschaftlichen Symposiums „Supply Management“ des BME in Würzburg verliehen. Studierende, Absolventen, Wissenschaftler und Praktiker trafen sich dort zum fachlichen Austausch an der Universität Würzburg.

Media Contact

Gunnar Bartsch idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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